Leitsatz
Preisnachlässe, die eine Einkaufsgenossenschaft (Zentralregulierer) ihren Mitgliedern – zusätzlich zu dem von den Warenlieferanten an die Mitglieder eingeräumten Skonto – für den Warenbezug gewährt ("Zusatzskonto"), mindern die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der von der Einkaufsgenossenschaft gegenüber den Warenlieferanten erbrachten Leistungen (Zentralregulierung, Bürgschaftsübernahme etc.).
Fortführung des BFH-Urteils vom 12.01.2006, V R 3/04 (BFH/NV 2006, 1029).
Normenkette
§ 10 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 UStG 1993, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Mitglieder der Klägerin (Z), einer Einkaufsgenossenschaft (Zentralregulierer), waren Fachhändler, für deren Warenbestellungen sie den gesamten Abrechnungs- und Zahlungsverkehr (sog. Zentralregulierung) einschließlich einer Bürgschaft übernahm. Z erhielt von den Mitgliedern ein pauschales Monatsentgelt und von den Lieferanten eine Leistungsprovision (für Zentralregulierung, Delkredere etc.) von 4 %. Die Lieferanten räumten für die Warenbestellung ein Skonto von 3 % ein. Z gab von ihrer Provision noch 1 % als "Zusatzskonto" an die Warenbesteller, ihre Mitglieder, weiter.
Das FA meinte, das "Zusatzskonto" sei die Gegenleistung für eine Leistung der Mitglieder an Z (Verpflichtung zur Abrechnung von Warenbestellungen über Z). Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 27.04.2006, 10 K 4948/05, Haufe-Index 1527137, EFG 2006, 1620).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze verminderte sich die Bemessungsgrundlage (Provision) für die Leistung der Z an die Warenlieferanten um den zusätzlich den Mitgliedern für den Bezug der Waren gewährten Preisnachlass i.H.v. 1 %. Die Rechnung der Z an die Warenlieferanten in Höhe der Provision wird durch diese Änderung der Bemessungsgrundlage (bei Z) nicht unrichtig.
Bemessungsgrundlage für die Umsätze der Lieferanten an ihre Kunden (die Mitglieder der Z) ist der um das Skonto von 3 % geminderte Kaufpreis. Den Kunden steht der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Lieferanten jedoch nur vermindert um 4 %(Lieferantenskonto von 3 % und zusätzlich von der Z eingeräumter Preisnachlass von 1 %) zu.Dass der zusätzliche Preisnachlass von 1 % nicht in der unmittelbaren Leistungsbeziehung zwischen den Warenlieferanten und deren Kunden, den Mitgliedern der Z, sondern von einem anderen Unternehmer in der Vorstufe, der Z, gewährt wird, ist nicht entscheidend.
Hinweis
Der BFH hatte bereits im Zusammenhang mit der Vermittlungsprovision eines Reisebüros und eines Telefonvermittlers im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH entschieden, es sei nicht erforderlich, dass ein Preisnachlass oder eine Preiserstattung vom leistenden Unternehmer an den Empfänger seiner Leistung gewährt werden müsse, um sich entgeltmindernd nach den §§ 10, 17 UStG auszuwirken.
Ausgangspunkt hierfür ist die Rechtsprechung des EuGH, dass der Grundsatz der Neutralität der USt innerhalb der Unternehmerkette – ggf. einschließlich etwaiger Vermittlungsstufen – zu beachten ist. Erstattet deshalb z.B. der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers an den ersten Abnehmer in der Leistungskette. Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.
Gleiches gilt, wenn der erste Unternehmer in der Kette nicht dem Endverbraucher, sondern einem Zwischenhändler den Preisnachlass gewährt. Beim Empfänger des Preisnachlasses mindert sich allerdings auch im entsprechenden Umfang der Vorsteuerabzug bzw. ist diesen im entsprechenden Umfang zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 UStG).
So weit, so gut. Die Anwendung der beschriebenen "Neutralitäts-Durchgriffsüberlegung" auf Sachverhalte, die sich nicht so leicht – wie die Sachverhalte, die dem EuGH vorlagen – als "Leistungskette" darstellen lassen, wird noch öfters Diskussionsstoff bringen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.03.2008, V R 70/06