2.17.5.1 Beschlussfähigkeit

 

Rz. 971

Die Regelung des § 108 Abs. 2 AktG zur Beschlussfähigkeit von Aufsichtsräten einer AG, wonach die Hälfte der Mitglieder, mindestens jedoch drei Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen müssen, ist nicht von der Verweisungsnorm des § 52 I GmbHG erfasst. Demnach ist es ausreichend, dass ein einziges Mitglied des Aufsichtsorgans anwesend ist, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt.[1]

[1] Umstritten. Ebenso: Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 52 Rn. 88; Jaeger/Steinbrück, in BeckOK, § 52 Rn. 50; Nießen, in Gehrlein/Born/Simon, § 52 Rn. 55; a. A.: Diekmann, in MüHaGesR, Band 3, § 48 Rn. 72 (§ 108 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG seien entsprechend anzuwenden).

2.17.5.2 Erfordernis der ausdrücklichen Beschlussfassung

 

Rz. 972

Das Aufsichtsorgan muss seine Beschlüsse ausdrücklich fassen. Stillschweigende oder konkludente Beiratsbeschlüsse gibt es nicht.[1] Davon zu unterscheiden ist die Art der Stimmabgabe: Auf die Stimmabgabe des einzelnen Organmitglieds sind die Regeln über Willenserklärungen anwendbar.[2] Eine konkludente Willenserklärung ist damit grundsätzlich möglich. Sie ist dann gegeben, wenn ein bestimmtes Verhalten in Verbindung mit den hinzutretenden Umständen einen bestimmten Sinn ergibt.[3] So stellt das Kopfnicken eines Organmitglieds auf die Frage des Vorsitzenden, ob ein bestimmter Beschluss gefasst werden solle, eine zustimmende Willenserklärung und damit eine Stimmabgabe dar.

 

Rz. 973

Die Anwendbarkeit des § 107 Abs. 2 Satz 1 AktG ist nicht für die GmbH vorgeschrieben. Der Gesetzgeber wollte mithin keine Verpflichtung normieren, über die Sitzung des Beirats – und damit auch über die gefassten Beschlüsse des Beirats – eine Niederschrift anzufertigen.[4] Eine Protokollierung gefasster Beschlüsse ist jedoch in jedem Fall sinnvoll. Eine entsprechende Verpflichtung kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Darüber hinaus ist anerkannt, dass im Hinblick auf spätere Haftungsfolgen die einzelnen Organmitglieder einen Anspruch auf die Protokollierung ihres Abstimmungsverhaltens haben.[5]

 

Sitzungsprotokolle anfertigen

Sitzungsprotokolle sind unbedingt zu empfehlen, um gefasste Beschlüsse zu dokumentieren und späteren Streit über Beschlussgegenstände und -inhalte zu vermeiden. Derartige Protokolle können auch im Falle der Inanspruchnahme von Organmitgliedern auf Schadensersatz wegen Fehlern bei der Amtsführung (insbesondere wegen unzureichender Überwachung der Geschäftsführung) Bedeutung erlangen. Außerdem können Protokolle für die Gesellschafter relevant sein, die die angefertigten Protokolle zur Befriedigung ihres Informationsrechtes gem. § 51a GmbHG herausverlangen dürfen. Demnach sollte eine Verpflichtung zur Anfertigung einer Niederschrift immer in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden.

[2] OLG Karlsruhe, Urteil v. 23.10.1995, 10 U 51/95, AG 1996 S. 224, 226. Dies ergibt sich daraus, dass nach h. M. die Regelungen des Vereinsrechts Anwendung finden, soweit das GmbH-Recht keine abschließende Regelung trifft. Im Vereinsrecht wird die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Willenserklärungen nach allgemeiner Ansicht bejaht, s. BGH, Urteil v. 14.7.1954, II ZR 342/53, BGHZ 14 S. 264, 267.
[3] Siehe dazu Feuerborn, in Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB, Vorbemerkungen zu § 116 – § 144, Rn. 12.
[4] Spindler, in MüKo-GmbHG, § 52 Rn. 534.
[5] Jaeger, in BeckOK-GmbHG, § 52 Rn. 54.

2.17.5.3 Beschlussfassung mit oder ohne Sitzungen

 

Rz. 974

Das Aufsichtsorgan fasst seine Beschlüsse grundsätzlich in Präsenzsitzungen.[1] Ebenso zulässig sind die Beschlussfassung per Umlaufverfahren, per E-Mail, per Telefon (bilateral), per Telefon- oder Videokonferenz, Skype oder sonstigen digitalen Kommunikationsformen, wenn dies entweder durch den Gesellschaftsvertrag oder eine Geschäftsordnung für das Aufsichtsorgan vorgesehen ist oder wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht (Rechtsgedanke des § 108 Abs. 4 AktG). Dies gilt ebenso für eine kombinierte Beschlussfassung, in der eine Präsenzsitzung durchgeführt wird, einzelne Organmitglieder aber telefonisch oder per Videokonferenzzugeschaltet sind.[2]

 

Rz. 975

Neben der Beschlussfassung in der Präsenzsitzung und derjenigen ohne Sitzung ist auch eine gemischte Beschlussfassung zulässig, d. h. eine Stimmabgabe nach einer Sitzung durch ein bei der Sitzung abwesendes Organmitglied in schriftlicher, fernmündlicher oder vergleichbarer Form (d. h. auch per Telefax, E-Mail, Telefon- oder Videokonferenz) und innerhalb bestimmter Frist.[3] Auch dieser Form der Beschlussfassung kann vorbehaltlich einer besonderen Regelung in Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsordnung jedes (an- oder abwesende) Organmitglied widersprechen.[4]

 

Regelung in Gesellschaftsvertrag aufnehmen

Soweit der Gesellschaftsvertrag oder die Geschäftsordnung dies nicht anders regelt, genügt somit der Wid...

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