Netzwerkkultur, Netzwerkklima und Netzwerkidentität

Gerade bei einer Wertschöpfungskette, in der mehrere unabhängige, teilweise global an verschiedenen Standorten angesiedelte Unternehmen zusammenarbeiten, hat das Beziehungsmanagement eine besondere Bedeutung. Es hat die Aufgabe, die unterschiedlichen, oft auch gegensätzlichen Interessen und Handlungen der Kettenmitglieder auf die gemeinsam definierten Ziele auszurichten und zu koordinieren. Zu beachten sind hierbei auch Principal-Agent-Aspekte, unterschiedliche Eigeninteressen und Ansichten über Ehrenkodexe und Korruption sowie die jeweiligen Unternehmenskulturen, die zugleich oft standort- und länderabhängig sind. Der Controller muss die Schaffung "eines Netzwerkmilieus als schwächere Form einer Netzwerkkultur, das durch gemeinsame Erfahrungen, Traditionen, Orientierungen und Einstellungen der Netzwerkteilnehmer gekennzeichnet ist",[1] unterstützen. Dazu gehört auch die Mitwirkung an der Definition und an der Einführung eines einheitlichen Werte- und Normensystems. Verbunden mit der Netzwerkkultur sind nach Möller das Netzwerkklima, das die Qualität der Arbeitsbeziehungen und die interne "Stimmung" wiedergibt, und die Netzwerkidentität, die sich im Erscheinungsbild der Mitglieder nach außen gegenüber Kunden, Lieferanten etc. zeigt.[2]

Wichtig für den Controller ist es, messbare Kennzahlen als Indikatoren für die Beziehungsqualität innerhalb der Value Chain zu definieren. Dies ist nicht einfach, da viele der zu betrachtenden Variablen sog. "Intangibles" sind. Pollmeier schlägt beispielsweise vor, in der Kooperationsperspektive ihrer Supply Chain Balanced Scorecard folgende Kennzahlen nachzuhalten:

  • die Zugehörigkeitsdauer der Kettenmitglieder,
  • damit verbunden der Zufriedenheitsindex,
  • die Vertrauens-, Konflikt-, Fluktuations- und Vertragsbruchrate.[3]

Vertrauen ist Voraussetzung einer Value Chain

Der wichtigste Indikator für die Beziehungsqualität in einer Wertschöpfungskette ist das gegenseitige Vertrauen. Vertrauen ist eine zentrale Voraussetzung für die Koordination, die Stabilität und den Erfolg der Kette und damit oft wichtiger als vertragliche Regelungen. Jehle stellt daher für Supply-Netzwerke ein von Weber/Bacher/Gebhardt/Voss übernommenes Bewertungsschema vor, das auch auf Wertschöpfungsketten übertragen werden kann (s. Abb. 5).

Abb. 5: Bewertungsschema für Vertrauen in Supply-Netzwerken[4]

[1] Jehle (2005), S. 181, vgl. auch S. 161-181.
[2] Vgl. Möller (2006), S. 103-106, insb. S. 104.
[3] Vgl. Pollmeier (2008), S. 277-282.
[4] Quelle: Jehle (2005), S. 170.

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