Leitsatz
Anke Schönherr
Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an mehreren am Grundstücksmarkt tätigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts gehören zum laufenden Gewinn nach den §§ 15 EStG, 7 GewStG.
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH & Co. KG den Erwerb und die Verwaltung von Immobilien. Komplementärin ist die A GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer B ist. B ist gleichzeitig alleiniger Kommanditist der Klägerin. Die KG gründete gemeinsam mit der A GmbH verschiedene Gesellschaften bürgerlichen Rechts, wobei die A GmbH nur in einem geringen Maße beteiligt war und keine Gewinn- bzw. verlustbeteiligung erhielt. Im Jahr 1993 erwarben sechs dieser GbR ihrem einzigen Zweck entsprechend jeweils eine Immobilie. Am 22.12.1993 wurden die Anteilsrechte an diesen sechs GbR an fremde Dritte veräußert. Im Rahmen einer Außenprüfung kam der Betriebsprüfer zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem aus den Veräußerungen der Mitunternehmeranteile an den verschiedenen GbR erzielten Gewinn nicht um einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn i.S.d. §§ 16, 34 EStG handele, sondern um laufenden, gewerbesteuerpflichtigen Gewinn aus gewerblichem Grundstückshandel. Zur Begründung wies der Prüfer darauf hin, dass bereits die GbR als gewerbliche Grundstückshändler zu behandeln seien, weil hinter allem B stehe. Es könne keinen Unterschied machen, ob B direkt oder die GbR die betroffenen Immobilien veräußert hätten. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies der Beklagte zurück, da die von der Klägerin gewählte rechtliche Gestaltung der Veräußerungsgeschäfte missbräuchlich i.S.d. § 42 AO sei. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass die von ihr gewählte rechtliche Gestaltung nicht missbräuchlich i.S.d. § 42 AO sei, weil außersteuerliche Gründe dafür sprächen, für jedes der Objekte eine Objektgesellschaft zu gründen sowie die Gesellschaftsanteile und nicht die Objekte zu veräußern.
Entscheidung
Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte hat den aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile erzielten Gewinn zutreffend dem laufenden Gewinn und Gewerbeertrag der Klägerin zugeordnet. Nach §§ 16, 34 EStG werden Gewinne aus der Betriebsveräußerung und -aufgabe begünstigt. Zudem unterliegen die Gewinne nicht der Gewerbesteuer. Voraussetzung ist jedoch, dass die Veräußerungen "im Rahmen" der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe stattfinden. Gewinne, die während und nach der Veräußerung bzw. Aufgabe eines Betriebs aus normalen Geschäften und ihrer Abwicklung anfallen, gehören nicht zu den begünstigten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnen. Die Verhältnisse des Streitfalles sind allerdings dadurch gekennzeichnet, dass zivilrechtlich Gegenstand der Veräußerung nicht die zum Gesamthandsvermögen der einzelnen Grundstücks-GbR gehörenden Grundstücke, sondern die Anteilsrechte der Klägerin an den GbR waren. Bilanziell hat die Klägerin die Gesellschaftsanteile der GbR im Umlaufvermögen erfasst. Sie hat innerhalb von einer Woche ihre Gesellschaftsanteile an sechs GbR an fremde Dritte veräußert. Die Veräußerung von Anteilen an Grundstücksgesellschaften ist als Veräußerung der Grundstücke zu werten. Die Klägerin hat durch die Übertragung der Anteilsrechte auf die neuen Gesellschafter die Realisierung und Sicherung der zu diesem Zeitpunkt durch die Aktivitäten der Gesellschaft herbeigeführten Wertsteigerungen der Grundstücke im Ergebnis in gleicher Weise erreicht, wie es durch einen Verkauf der Grundstücke an Dritte der Fall gewesen wäre. Im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung sind deshalb die Gewinne aus der Veräußerung der Anteilsrechte an den GbR einem einheitlichen Gewerbebetrieb der Klägerin zuzurechnen. Maßgeblich ist der Zweck des § 16 EStG, Gewinne aus der unveränderten Fortsetzung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit von den privilegierten Betriebsaufgabe- oder -veräußerungsgewinnen abzugrenzen. Der gesamte Gewinn aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile gehört daher zum laufenden Gewinn und zum Gewerbeertrag. Somit kann es nach Ansicht des Senates offen bleiben, ob im Streitfall ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO anzunehmen ist.
Hinweis
Das Urteil vermag nicht zu überraschen, da es auf der Rechtssprechung des BFH beruht (BFH, Urteil v. 5.7.2005, VIII R 65/02, BStBl 2006 II S. 160). Im Ergebnis darf bei steuerlichen Gestaltungen nicht übersehen werden, dass eine Auslegung von Gesetzesvorschriften nicht nur den exakten Wortlaut umfasst, sondern auch und insbesondere den Sinn und Zweck der Vorschrift mit einbezieht. In dem vorliegenden Fall ist es daher als unzweifelhaft anzusehen, dass die Veräußerung der Gesellschaftsanteile steuerlich als Veräußerung der Grundstücke zu werten ist, so dass durch die Zwischenschaltung der GbR keine steuerlichen Vorteile zu erzielen sind.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 21.03.2006, 7 K 4006/03