Leitsatz
1. Der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligung durch eine vom Geschäftsführer des Arbeitgebers beherrschte GmbH kann auch dann zu Arbeitslohn führen, wenn nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein Gesellschafter des Arbeitgebers die Beteiligung veräußert.
2. Die materiell-rechtlichen Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis und an dessen tatsächliche Feststellung sind bei Drittzuwendungen grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber.
3. Gewährt ein Gesellschafter des Arbeitgebers einen Vorteil an eine vom Geschäftsführer des Arbeitgebers beherrschte Gesellschaft aus im Gesellschaftsverhältnis wurzelnden Gründen, liegt im Verhältnis des Gesellschafters zum Arbeitgeber eine Einlage und im Verhältnis des Arbeitgebers zu der an ihm beteiligten Gesellschaft des Geschäftsführers eine vGA vor, wenn die Gewährung des Vorteils durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist oder (direkter) Arbeitslohn, wenn die Arbeitsleistung mit der Vorteilsgewährung entgolten wird.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 8 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 9 Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs. 1, § 11 Abs. 2 Satz 1, § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG
Sachverhalt
Der Kläger war seit Gründung der Gesellschaft Geschäftsführer der X GmbH. Gründungsgesellschafter der X GmbH waren u. a. die Y GmbH mit einem Anteil am Stammkapital von 85 % sowie der Kläger mit einem Anteil von 5 %. Im Jahr 2000 gründete der Kläger zwecks Haltens von Unternehmensbeteiligungen die H GmbH, in die er seine bisher im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an der X GmbH zum Teilwert einbrachte. In der Folge verhandelte der Kläger mit der Y GmbH über den Erwerb weiterer Geschäftsanteile an der X GmbH. Nach Abschluss dieser Verhandlungen erwarb die H GmbH von der Y GmbH einen weiteren Geschäftsanteil an der X GmbH von 10 %. Dem Erwerb war eine Bewertung der X GmbH vorausgegangen.
Nach einer Außenprüfung erhöhte das FA die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Bewertung der X GmbH sei unzutreffend niedrig gewesen. Die H GmbH habe die Geschäftsanteile an der X GmbH von der Y GmbH verbilligt erworben. Dadurch habe die Y GmbH dem Kläger in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Beteiligung Arbeitslohn zugewandt.
Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (FG Münster, Urteil vom 2.10.2014, 14 K 3691/11 E, Haufe-Index 7493317, EFG 2015, 25).
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG habe die Anforderungen, die an die Feststellung des erforderlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Vorteil und Dienstverhältnis bei Drittzuwendungen zu stellen sind, überspannt. Es habe deshalb erneut zu prüfen, ob der (verbilligte) Erwerb des Geschäftsanteils an der X GmbH seitens der H GmbH durch das Dienstverhältnis des Klägers zur X GmbH veranlasst gewesen sei oder auf anderen privatrechtlichen, insbesondere im Gesellschaftsverhältnis wurzelnden oder besonderen persönlichen Gründen beruhe. Darüber hinaus habe das FG festzustellen, ob der H GmbH die Geschäftsanteile an der X GmbH von der Y GmbH tatsächlich verbilligt überlassen worden seien und den Preisnachlass zu "bewerten".
Hinweis
1. Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören alle Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit darstellen. D. h., dass sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 28.2.2013, VI R 58/11, BFH/NV 2013, 1163, BFH/PR 2013, 308; BFH, Urteil vom 18.10.2012, VI R 64/11, BFH/NV 2013, 131, BFH/PR 2013, 48, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen kann Arbeitslohn auch bei der Zuwendung seitens eines Dritten anzunehmen sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 18.10.2012, VI R 64/11, BFH/NV 2013, 131; BFH, Urteil vom 20.5.2010, VI R 41/09, BFH/NV 2010, 1729; jeweils m.w.N.).
3. Auch wenn der BFH davon ausgeht, dass Arbeitslohn im Regelfall durch den Arbeitgeber gezahlt wird und daher die Zahlung durch einen Dritten eine Ausnahme darstellt (z.B. BFH, Urteil vom 28.2.2013, VI R 58/11, BFH/NV 2013, 1163, m.w.N.), kann aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht geschlossen werden, dass die materiell-rechtlichen Anforderungen an den Veranlassungszusa...