Fragen
A.1 U hat am 31.12.01 ein Ratendarlehen über 500 TEUR aufgenommen. Je 100 TEUR sind zum Jahresende 02 bis 06 zu tilgen. Wie erfolgt der Ausweis des Darlehens bei einer Bilanzgliederung nach Fristigkeit?
A.2 Wie unterscheidet sich die handelsrechtliche Bewertung von Verbindlichkeiten gegenüber der nach IFRS am Beispiel eines Darlehens, das mit 95 TEUR ausgezahlt, aber mit 100 TEUR (Nominal- bzw. Tilgungsbetrag) zurückzuzahlen ist?
B.1 Welche finanziellen Verbindlichkeiten sind nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten, sondern stets zum fair value zu bilanzieren?
B.2 Welche Gemeinsamkeiten/Unterschiede zwischen HGB und IFRS gibt es bei Fremdwährungsdarlehen?
C.1 U nimmt am 1.1.01 ein Darlehen mit zweijähriger Laufzeit auf, dessen Tilgungsbetrag von der Rohstoffpreisentwicklung abhängt. Er übt für das Darlehen die fair-value-Option aus. Nach den Preisverhältnissen vom 1.1.01 beträgt der Tilgungsbetrag 100. Das Darlehen wird mit bonitäts- und marktgerechten 10 % verzinst. Bis zum 31.12.01 treten zwei Änderungen auf:
- Der Rohstoffpreis sinkt. Nach den Verhältnissen des Stichtags würde die Rückzahlung nicht 100, sondern nur 94 betragen. Berechnet mit 10 % ergäbe sich hieraus am Stichtag ein Barwert von 95.
- Tatsächlich hat sich aber auch die Bonität der U verschlechtert. Nach den Stichtagsverhältnissen wäre ein Zins von 15 % angemessen. In der Kombination beider Effekte sinkt der fair value (= Barwert) des Darlehens von 100 auf 87,3. Wie ist die Wertänderung in Bilanz und GuV 01 zu behandeln?
C.2 Die finanziellen Verbindlichkeiten der U bestehen im Wesentlichen aus Kreditoren, Kontokorrentkonten bei Banken und festverzinslichen Bankdarlehen. Wie ist mit der Anforderung, den fair value im Anhang offenzulegen (IFRS 7.25), umzugehen?
Antworten
A.1 Bei einer Bilanzgliederung nach Fristigkeit ist das Darlehen in der Bilanz aufzusplitten. 100 TEUR (= nächste Rate) sind im kurzfristigen, 400 TEUR im langfristigen Bereich auszuweisen.
A.2 Nach HGB sind Verbindlichkeiten mit dem Erfüllungsbetrag zu passivieren, im Beispiel also mit 100 TEUR. Da der Geldeingang tatsächlich nur 95 TEUR beträgt, entsteht eine buchhalterische Differenz von 5 TEUR. Dieses Disagio kann nach § 250 Abs. 3 HGB wahlweise sofort als (Zins-)Aufwand erfasst oder aktiv abgegrenzt und erst über die Darlehenslaufzeit aufwandswirksam aufgelöst werden. Nach IFRS ist der Vereinnahmungsbetrag, im Beispiel 95, zu passivieren. Im Zugangszeitpunkt entsteht also keine Differenz. Die 5 TEUR sind bis zum Tilgungstermin auf 100 TEUR aufzuzinsen.
B.1 Verbindlichkeiten aus Finanzderivaten werden immer (auch bei hedge accounting) zum fair value angesetzt.
B.2 Identisch ist die Behandlung kurzfristig (Restlaufzeit nicht mehr als ein Jahr) fälliger Fremdwährungsdarlehen. Sowohl nach HGB als auch nach IFRS erfolgt die Umrechnung zum Kurs des Bilanzstichtags.
Bei langfristigen Fremdwährungsdarlehen bestehen hingegen Unterschiede. Die Bewertung erfolgt nach HGB imparitätisch, bei steigendem Wert der ausländischen Währung also mit dem höheren Stichtagskurs (Höchstwertprinzip), bei sinkendem Wert hingegen mit den Anschaffungskosten (also dem Kurs bei Einbuchung des Darlehens). Nach IFRS werden demgegenüber auch langfristige Fremdwährungsdarlehen immer mit dem Stichtagskurs umgerechnet. Eine imparitätische Behandlung bzw. ein Höchstwertprinzip gibt es nicht.
C.1 Da U die fair-value-Option ausgeübt hat, ist in der Bilanz der fair value der Verbindlichkeit zum Stichtag darzustellen. Anzusetzen sind also 87,3. Die Wertänderung um 12,7 entfällt jedoch nur mit einem Anteil von 5 auf den geänderten Rohstoffpreis, mit den verbleibenden 7,7 hingegen auf die Bonitätsverschlechterung. Nur der erste Effekt ist in der GuV zu erfassen, der zweite stellt hingegen erfolgsneutrales Ergebnis (other comprehensive income) dar.
C.2 Die grundsätzlich gebotene Angabe des fair value (IFRS 7.25) ist nicht erforderlich, wenn der Buchwert der finanziellen Verbindlichkeiten und ihr fair value im Wesentlichen übereinstimmen (IFRS 7.29). Hiervon kann bei Kreditoren und Kontokorrenten regelmäßig ausgegangen werden. Angaben sind daher bei U höchstens zu den festverzinslichen Bankdarlehen notwendig, weil sich hier der fair value in Folge geänderter Marktzinsen und/oder geänderter Bonität von den fortgeführten Anschaffungskosten deutlich unterscheiden kann.