Damit es Verbraucher möglichst einfach haben, den Weg zur richtigen Verbraucherschlichtungsstelle zu finden bzw. überhaupt erst von der Möglichkeit dieser Art der Streitschlichtung erfahren, haben Unternehmer seit dem 1.2.2017 entsprechende Informationspflichten, und zwar
- allgemeine Informationspflichten im Vorfeld und
- Informationspflichten, nachdem eine Streitigkeit entstanden ist.
3.4.1 Allgemeine Informationspflichten
Die allgemeinen Informationspflichten (§ 36 VSBG) gelten für Unternehmer, die
- eine Webseite betreiben oder
- die Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwenden und
- am 31.12. des vorangegangenen Jahres > 10 Personen beschäftigt haben.
Der Unternehmer muss leicht zugänglich, klar und verständlich mitteilen,
inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
- Wenn er bereit oder verpflichtet ist, muss er die zuständige Schlichtungsstelle mit Adresse und Webseite benennen und seine ausdrückliche Bereitschaft erklären, vor dieser Stelle Streitigkeiten zu klären.
- Wenn er nicht zur Verbraucherstreitbeilegung bereit ist, muss er dies ausdrücklich erklären.
Zu Informationspflichten ergangene Rechtsprechung
Zu diesen Pflichten hat der BGH inzwischen im Wege der Rechtsfortbildung Streitfragen geklärt. Nachfolgend 3 Beispiele:
Wenn ein Unternehmer sowohl eine Webseite unterhält als auch Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, müssen die Informationen an beiden Stellen erscheinen. Die auf einer Webseite oder in AGB eines Unternehmers enthaltene Mitteilung, die Bereitschaft zu einer Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle könne "im Einzelfall" erklärt werden, ist nicht ausreichend klar und verständlich i. S. d. § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG.
Zwischen Bereitschaft und Verpflichtung wird seitens des BGH ein feiner, aber entscheidender Unterschied gemacht. So verlangt er die Informationen zur zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle nur von einem Unternehmer, der sich ganz klar zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren verpflichtet hat, hingegen nicht von demjenigen, der sich lediglich dazu bereit erklärt.
Online-Händler (Waren oder Dienstleistungen) müssen einen Link zur EU-Plattform (https://webgate.ec.europa.eu) einstellen (Art. 14 ODR-VO).
3.4.2 Informationspflichten nach Entstehung einer Streitigkeit
Gibt es Streit zwischen Unternehmer und Verbraucher und können sie ihn nicht selbst lösen, muss jeder Unternehmer seinen Kunden auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von Webseite und Adresse hinweisen. Außerdem gibt er an, ob er zu einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle bereit oder verpflichtet ist. Muss und will der Unternehmer nicht an einem Streitbeilegungsverfahren teilnehmen, muss er dies deutlich kundtun, damit der Verbraucher die Schlichtungsstelle nicht umsonst anruft. Das Ganze muss in Textform geschehen (§ 37 VSBG).
Konsequenzen bei fehlender Information
Für Unternehmer macht es Sinn dafür zu sorgen, dass die Informationen auf ihrer Webseite stehen (verortet z. B. im Impressum), dass sie ihre AGB entsprechend ergänzt haben und einen Textbaustein bereit haben, den sie nach Streitentstehung ihren Kunden zusenden können. Der Aufwand ist zu gering, um den Ärger bei Nichtinformation zu provozieren.
Fehlen die Angaben, können Unternehmer auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 12 Unterlassungsklagengesetz).
Außerdem droht ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers wegen (vor-)vertraglicher Pflichtverletzung. Ein solcher wird zwar praktisch schwer durchzusetzen sein, aber beschäftigen müsste sich der Unternehmer dennoch damit. Der Schaden läge in den ersparten Kosten im Falle eines erfolgreichen Schlichtungsverfahrens; wie ein solches ausgeht und ob es zu einer Einigung gekommen wäre, ist jedoch kaum mit gewisser Wahrscheinlichkeit vorherzusagen.