Leitsatz
Bei nicht zeitgerechter monatlicher Gehaltsauszahlung kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen.
Bei zivilrechtlich geregelten Ansprüchen (aus Dienstverträgen) führt die mangelnde tatsächliche Durchführung nur insoweit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wie die Zahlungen übliche Mindestvergütungen übersteigen.
Sachverhalt
Den zwei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern war ein monatlich zu zahlendes Gehalt zugesagt worden. Durch Gesellschafterbeschluss wurden die Gehälter für mindestens zwölf Monate gestundet. Im Rahmen des Jahresabschlusses wurde den Gesellschaftern eine einmalige Gehaltsgutschrift für das vergangene Jahr erteilt. Darüber hinaus hatten sich die Gesellschafter im Laufe des Jahres erhebliche Beträge auszahlen lassen. Diese als "Entnahmen" bezeichneten Zahlungen wurden über private Verrechnungskonten der Gesellschafter gebucht.
Entscheidung
Die für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung notwendige Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann auch darin begründet sein, dass das zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter tatsächlich abgeschlossene Rechtsgeschäft zwar auch von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter vereinbart worden wäre, jedoch aus anderen Gründen als nicht ernsthaft gewollt anzusehen ist, wie z.B. bei der Vereinbarung über die Stundung des monatlichen Gehalts für einen längeren Zeitraum.
Vereinbarungen über die Vergütung der Geschäftsführertätigkeit zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sind nur dann als ernsthaft gewollt anzusehen, wenn die Vergütung entsprechend den Vereinbarungen zeitnah ausbezahlt wird. Wird die Vergütung ausnahmsweise nicht zum Fälligkeitszeitpunkt ausgezahlt, steht dies der steuerlichen Anerkennung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses nicht entgegen, wenn sich eine kurzfristige Nichtdurchführbarkeit des Vertrags zwangsläufig aus der Situation der Gesellschaft ergibt. Wird allerdings das monatliche Gehalt in einem Gesamtbetrag zum Jahresende oder erst nach Jahren ausbezahlt, indiziert dies die mangelnde Ernsthaftigkeit der Vereinbarung. Trotz Vorliegens einer Liquiditätskrise kann eine Stundungsvereinbarung steuerlich nur anerkannt werden, wenn sie auf einen Zeitraum von wenigen Monaten begrenzt ist. Da ein Gesellschafter sich aus dem Vermögen der Kapitalgesellschaft laufend Mittel auszahlen ließ, spricht dies gegen eine Liquiditätskrise und damit gegen eine betriebliche veranlasste Stundung von Gehaltsforderungen.
Die mangelnde tatsächliche Durchführung führt jedoch nicht dazu, dass die Gehaltszahlungen in voller Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen sind. Soweit den Gesellschaftern zivilrechtliche Ansprüche auf eine übliche Vergütung ihrer Geschäftsführertätigkeit zustanden, dienten die Gehaltszahlungen der Erfüllung dieser Entgeltsansprüche. Ein zivilrechtlicher Vergütungsanspruch muss auch steuerrechtlich anerkannt werden, und zwar in Höhe eines gesetzlichen Mindestanspruchs.
Hinweis
Bislang war bei mangelndem Vollzug einer zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung in voller Höhe angenommen worden. Das FG entwickelt die Rechtsprechung nun dahingehend fort, dass zivilrechtliche Mindestansprüche vom Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgenommen bleiben müssten, wenn der Gesellschafter eine Leistung auf schuldrechtlicher Basis erbringt.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 28.11.2003, III 78/01