Leitsatz
Liegen Umstände vor, die darauf schließen lassen, dass beim Aktienerwerb der Kapitalgesellschaft von ihrem Gesellschafter der Börsenkurs kurzfristig gezielt in die Höhe getrieben wurde, liegt in Höhe des gezahlten Überpreises eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Beim Verkauf von Aktien des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft kann die Bestimmung des Preises nach einem zukünftigen Börsenkurs bei einem engen Markt angesichts kurzfristiger Kurssteigerungen gerade zu diesem Datum ein Indiz für eine gezielte Marktbeeinflussung aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses sein. Beim kreditfinanzierten Erwerb von Aktien stellen die angefallenen Darlehenszinsen nur insoweit verdeckte Gewinnausschüttungen dar, wie die Aufnahme des Darlehens der Finanzierung des über den Teilwert hinausgehenden Teils des Kaufpreises dient.
Sachverhalt
Gesellschafter der X-GmbH sind die Eheleute M (80 %) und F (20 %). M war gleichzeitig allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer. Während die X-GmbH in den Jahren 01 und 02 sowie in 04 beträchtliche Gewinne erzielte, wurde in 03 ein hoher Verlust ausgewiesen, der im Wesentlichen auf eine Teilwert-Abschreibung auf Aktien der Y-AG im Betriebsvermögen zurückzuführen war. In der Gesellschafterversammlung vom 6.7.03 war beschlossen worden, dass die X-GmbH dieses Aktienpaket von den beiden Gesellschaftern M und F erwirbt. Die Beteiligung an der Y-AG sollte auf 10 % aufgestockt werden, um die Forderung nach einem Aufsichtsratsitz durchsetzen zu können. Als Kaufpreis wurde der Mittelkurs der Aktie an der Börse in der Zeit vom 12. bis 14.7.03 zzgl. eines Paketzuschlages vereinbart. Die wirtschaftlichen Indikatoren der Y-AG waren seit 02 nach unten gerichtet, der Aktienkurs fiel entsprechend. Der Verkauf der Aktien an die X-GmbH erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die Aktie nach ihrem erheblichen Kursverfall innerhalb kurzer Zeit einen Spitzenwert erreichte, ehe ihr Kurs innerhalb weniger Tage erneut abstürzte. Ursache für den Kursanstieg war ein kurzfristiger Nachfrageüberhang, den der Erwerb eines 4 %-igen Anteils durch den Privataktionär D ausgelöst hatte. Aufgrund des engen Marktes war es zu einer umgehenden beträchtlichen Kurssteigerung gekommen. Zum Erwerb der Aktien erhielt die X-GmbH einen kurzfristigen Kredit von den Gesellschaftern M und F. Die Verrechnungskonten von M und F wurden verzinst. Da der Kurswert der Y-AG zum 31.12.03 wieder stark gefallen war, nahm die X-GmbH zum Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung vor. An dem geringeren Teilwert hielt die X-GmbH zum 31.12.04 fest. In 05 kauften die Gesellschafter M und F die Aktien zurück, nachdem der Kurs wieder etwas angestiegen war.
Das Finanzamt qualifizierte die Teilwertabschreibung als verdeckte Gewinnausschüttung, ebenso die Zinsaufwendungen für die Darlehen zum Erwerb der Aktien.
Entscheidung
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Davon ausgehend ist die Anschaffung der Aktien in Höhe der Teilwert-Abschreibung als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren, da die X-GmbH insoweit ihre Gesellschafter vom Risiko eines Wertverlustes der Beteiligungen freigestellt hat. Bei Verwirklichung dieses Risikos tritt eine effektive Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft ein, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und daher eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt. Allerdings hätte auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Aktien erwerben dürfen. Gleichwohl hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Gesellschafter bei einem so engen Markt den Preis nicht von einem künftigen Börsenkurs abhängig gemacht. Bei der Enge des Marktes musste mit Kurssprüngen gerechnet werden, wie sie durch den Erwerb der 4 %-igen Beteiligung durch D eingetreten war. Ein ordentlicher und gewissenhafter Gesellschafter hätte entweder den aktuellen Börsenkurs zu Grunde gelegt oder zumindest eine Höchstgrenze für den Kauf vereinbart. Der Geschäftsführer der X-GmbH wollte mit dem Erwerb der Aktien offenbar eine Teilwert-Abschreibung mitnehmen. In Höhe des überhöhten Kaufpreises, der in Form der Teilwert-Abschreibung dokumentiert wird, liegt daher eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor, sodass entsprechend eine verdeckte Gewinnausschüttung außerbilanziell hinzuzurechnen ist.
Erst im Zeitpunkt der Umwandlung der Kaufpreisforderung in den Darlehensanspruch liegt ein Abfluss i.S.d. § 27 Abs. 3 Satz 3 KStG a.F. vor, da die Gesellschafter auf Grund der ...