Rz. 1
Steuerliche Bedeutung
Das Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) stellt das wesentliche Instrument dar, um bei Körperschaften Vorgänge der Einkommenserzielung von Vorgängen der Einkommensverwendung abzugrenzen und sicherzustellen, dass auch andere Vorgänge der Einkommensverwendung als offene Gewinnausschüttungen (oGA), die durch schuld- oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen verdeckt werden, die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage der Körperschaft nicht beeinflussen. In der steuerlichen Betriebsprüfungspraxis stehen deshalb insbesondere Leistungsbeziehungen zwischen einer Körperschaft und ihren Gesellschaftern sowie diesen nahestehenden Personen stets auf dem steuerlichen Prüfstand. Nach Einschätzungen Wassermeyers wurden bis zur grundlegenden Neufassung des § 1 AStG durch das UntStRefG 2008 ca. 90 % aller Einkünftekorrekturen auf der Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung vorgenommen. Mittlerweile sollte sich dieses Bild grundlegend geändert haben und § 1 AStG die zentrale Korrekturnorm für Verrechnungspreissachverhalte darstellen.
Rz. 2
Definition einer verdeckten Gewinnausschüttung
Der Begriff der vGA wird in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verwendet, ohne dass dieser Begriff gesetzlich definiert ist. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG beschränkt sich auf die Rechtsfolge einer vGA, wonach diese das Einkommen der Körperschaft nicht mindert. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erschöpft sich darin, dass vGA zu den sonstigen Bezügen gehören. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht. Die Unterschiedsbetragsminderung muss ferner die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (sog. Vorteilsgeneigtheit). Eine vGA kommt mithin in Betracht, wenn die Vorteilsgewährung von einer Tochter- an ihre Muttergesellschaft bzw. – allgemein – von einer nachgeordneten Kapitalgesellschaft an einen unmittelbar oder mittelbar übergeordneten Gesellschafter erfolgt (siehe aber auch Rz. 70 ff.).
Rz. 3
Abgrenzung zur verdeckten Einlage
Im Gegensatz zu einer vGA beruht eine verdeckte Einlage – aus Sicht der Körperschaft, in deren Vermögen etwas verdeckt eingelegt wird – nicht auf einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung, sondern auf einer Vermögensmehrung der Gesellschaft, für die die Gefahr besteht, dass sie den Unterschiedsbetrag i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erhöht (hat), obwohl die Vermögensmehrung nicht durch die Körperschaft erwirtschaftet, sondern vom Gesellschafter zugewendet wurde. Die Vorteilsgewährung erfolgt mithin in umgekehrter Richtung vom Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft. Von der verdeckten Einlage werden die Zuwendungen des Gesellschafters an seine Kapitalgesellschaft erfasst, ohne dass hierfür Gesellschaftsrechte gewährt werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person seiner Kapitalgesellschaft außerhalb gesellschaftsrechtlicher Einlagen Vermögensvorteile in Form bilanzierungsfähiger Wirtschaftsgüter (Begründung/Erhöhung eines Aktivpostens oder Wegfall/Verminderung eines Passivpostens) zuwendet und diese Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG erhöhen verdeckte Einlagen das Einkommen der Körperschaft grundsätzlich nicht. Allerdings gilt die Ertragsteuerneutralität einer verdeckten Einlage nach § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG insoweit nicht, als die verdeckte Einlage beim leistenden Gesellschafter zu einer Minderung seines Einkommens geführt hat.