2.1 Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung
Merkmale einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) sind:
- Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung,
- Auswirkung auf das bilanzielle Ergebnis,
- Zuwendung eines Vorteils durch die Kapitalgesellschaft an Gesellschafter oder nahe stehende Personen,
- Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis,
- kein Zusammenhang mit offener Gewinnausschüttung.
Behandelte man die vGA nicht als Ausschüttung, würde sich das Einkommen mindern, weil handelsbilanzmäßig der Aufwand den Jahresüberschuss gemindert hat. Im Fall einer unterlassenen Vermögensmehrung fehlt ein Ertrag, sodass sich das bilanzielle Vermögen nicht erhöht hat.
Der Wert der vGA ist nach dem erzielbaren Erlös bzw. der erzielbaren Vergütung zu bemessen. Unerheblich ist, ob beim Gesellschafter ein tatsächlicher Zufluss (eines Vermögensvorteils) oder bei der Kapitalgesellschaft ein Mittelabfluss vorliegt.
2.2 Unentgeltliche Lieferung oder Leistung an den Gesellschafter
Körperschaftsteuerlich ist die vGA mit dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts bzw. bei einer Nutzungsüberlassung mit der erzielbaren Vergütung anzusetzen. § 10 Nr. 2 KStG sieht vor, dass die Umsatzsteuer auf vGA, die gewinnmindernd gebucht wird, dem Einkommen hinzuzurechnen ist (nicht abziehbare Aufwendungen). Da die vGA mit dem erzielbaren Preis (Bruttobetrag einschließlich Umsatzsteuer) zu bewerten und mit diesem Betrag dem Einkommen hinzuzurechnen ist, hat die Umsatzsteuer auf die vGA das Einkommen bereits erhöht, weil sie im Wert der vGA enthalten ist. Eine nochmalige Hinzurechnung der Umsatzsteuer nach § 10 Nr. 2 KStG kommt daher nicht in Betracht.
2.3 Verbilligte Lieferung oder Leistung an den Gesellschafter
Körperschaftsteuerlich handelt es sich i. H. der Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten und der erzielbaren Vergütung um eine verhinderte Vermögensmehrung, wenn der Gesellschafter für überlassene Wirtschaftsgüter bzw. für Nutzungen und Leistungen ein zu geringes Entgelt (teilentgeltliches Rechtsgeschäft) zahlt.
2.4 Differenz zwischen umsatzsteuerlicher Bemessungsgrundlage und Ansatz bei der Einkommensermittlung
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche bzw. verbilligte Wertabgabe sowie der Ansatz der vGA bei der Einkommensermittlung auseinanderfallen. Während umsatzsteuerlich der Einkaufspreis bzw. die Selbstkosten zugrunde zu legen sind, ist körperschaftsteuerlich der erzielbare Erlös (gemeiner Wert) bzw. die erzielbare Vergütung (einschließlich Gewinnaufschlag) maßgebend.
2.5 Umsatzsteuer als Teil der vGA
Gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 KStG darf die Verteilung des Einkommens keine Auswirkung auf die Einkommensermittlung haben. Da die vGA nur einen Sonderfall der Einkommensverteilung darstellt, ist bereits insoweit eine Einkommensminderung ausgeschlossen. Einkommensverteilung und Betriebsausgabe schließen sich gegenseitig aus. Gewinnausschüttung und nicht abziehbare Betriebsausgaben wirken sich zwar auf den Gewinn, nicht aber auf das Einkommen aus. Während die nicht abziehbare Betriebsausgabe betrieblich veranlasst ist, liegt bei der Vermögensminderung durch eine Gewinnausschüttung die Ursache im Gesellschaftsverhältnis, damit ist bei letzterer keine betriebliche Veranlassung gegeben. Da die Umsatzsteuerbelastung bei einer vGA im Gesellschaftsverhältnis begründet liegt, handelt es sich hierbei nicht um eine Betriebsausgabe. Somit ist es schlüssig, dass die Umsatzsteuer als Teil der vGA bei der Einkommensermittlung angesetzt wird und R 8.6 KStR daher eine zusätzliche Hinzurechnung nach § 10 Nr. 2 KStG ausschließt.
2.6 VGA als Korrekturregelung
Nach der Rechtsprechung des BFH dient das Instrument der verdeckten Gewinnausschüttung der Gewinnkorrektur, die außerhalb der Steuerbilanz vorzunehmen ist.
Die Einkommensermittlung einer Kapitalgesellschaft erfolgt in zwei Stufen:
- Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG
- Außerbilanzielle Korrekturen.
Auf der ersten Stufe wird der Gewinn nach den Grundsätzen des Bilanzrechts ermittelt. Hier gilt der Maßgeblichkeitsgrundsatz.
Auf der zweiten Stufe sind dann außerbilanzielle Korrekturen vorzunehmen. Dies setzt voraus, dass auf der ersten Stufe eine Betriebsvermögensminderung stattgefunden hat. Da diese im Gesellschaftsverhältnis begründet ist, muss auf der zweiten Stufe entsprechend eine Korrektur erfolgen. Die Korrektur auf der zweiten Stufe kann daher immer nur um den Betrag vorgenommen werden, mit dem sich der Vorgang auf der ersten Stufe innerhalb der Bilanz auf den Gewinn ausgewirkt hat.
Unentgeltliche Warenlieferung an Gesellschafter
Eine GmbH liefert Ware an ihren Gesellschafter X unentgeltlich. Der gemeine Wert der Ware beträgt 1.190 EUR, der Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes 500 EUR netto.
Lösung:
VGA gem. H 8.6 (Hingabe von Wirtschaftsgütern) KStH 2015: |
1.190 EUR |
Unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 1b Nr. 1 i. V. m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG: |
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Bemessungsgrundlage: 500 EUR × 19 % = 95 EUR |
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Umsatzsteuer i. H. v. 95 EUR stellt abziehbare Betriebsausgabe dar. |
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Auswirkung auf den Bilanzgewinn: |
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Fehlender Ertrag |
1.000 EUR |
Umsatzsteuer-Aufwand |
95 EUR |
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1.095 EUR |
Damit dürfte hinsichtlich der vGA eine Korrektur auf der zweiten Ebene lediglich ...