Dipl.-Finw. (FH) Norbert Weinmann
Der Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) ist abhängig von
- dem Einhalten einer Mindestlohnsumme innerhalb der Lohnsummenfrist von 5 Jahren,
- dem Einhalten der Behaltensregelungen innerhalb der Behaltensfrist von 5 Jahren.
3.1.1 Mindestlohnsumme
Im erworbenen Betrieb muss der Erwerber innerhalb der Lohnsummenfrist von 5 Jahren eine Mindestlohnsumme von 400 % der Ausgangslohnsumme einhalten (§ 13a Abs. 3 ErbStG).
Sonderregelung für Kleinbetriebe
Die Lohnsummenbedingung hat keine Bedeutung für Kleinbetriebe, die im Besteuerungszeitpunkt maximal 5 Beschäftigte haben. Hier muss der Erwerber aber die Behaltensbedingungen einhalten.
Für mehr als 5 aber nicht mehr als 15 Beschäftigte steigen die Anforderungen an die Mindestlohnsumme. Insgesamt gelten folgende und Mindestlohnsummen:
Mindestlohnsumme |
mehr als 5, nicht mehr als 10 Beschäftigte |
250 % |
|
mehr als 10, nicht mehr als 15 Beschäftigte |
300 % |
|
mehr als 15 Beschäftigte |
400 % |
Zur Lohnsumme gehören alle Personalaufwendungen einschließlich Sozialbeiträge. Im Wesentlichen handelt es sich um die Aufwendungen, die nach Bilanzrecht in der GuV-Position "Personalaufwand" auszuweisen sind.
Die Lohnsummenfrist beträgt 5 volle Jahre und beginnt am Tag der Entstehung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer (regelmäßig Todestag des Erblassers bzw. Tag der Ausführung der Schenkung.
Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten 5 abgeschlossenen Wirtschaftsjahre.
Lohnsummenvergleich
Unternehmer U überträgt am 2.1.2023 seinen Anteil von 100 % an der U-GmbH im Wege der Schenkung an seinen Sohn S. Die Lohnsummen der GmbH in den 5 zurückliegenden abgeschlossenen Wirtschaftsjahren betrugen:
2018 |
250.000 EUR |
2019 |
200.000 EUR |
2020 |
350.000 EUR |
2021 |
370.000 EUR |
2022 |
400.000 EUR |
Die Ausgangslohnsumme beträgt 314.000 EUR.
Die Lohnsummen des Zeitraums vom 2.1.2023 bis zum 1.1.2027 (tag genau) dürfen demnach 400 % v. 314.000 EUR = 1.256.000 EUR nicht unterschreiten.
Wird die Mindestlohnsumme bis zum Ende der Lohnsummenfrist nicht erreicht, wird der Verschonungsabschlag rückwirkend in demselben prozentualen Umfang vermindert, wie die Mindestlohnsumme unterschritten wird.
Minderung des Verschonungsabschlags
Unternehmer U übertrug im Jahr 1 seinen Anteil von 100 % an der U-GmbH im Wege der Schenkung an seinen Sohn S. S nimmt den Verschonungsabschlag von 85 % in Anspruch. Die Ausgangslohnsumme beträgt wie im vorangegangenen Beispiel 314.000 EUR und die Mindestlohnsumme folglich 1.256.000 EUR. Innerhalb der Lohnsummenfrist von 5 Jahren erreicht die Summe der jährlichen Lohnsummen lediglich 1.004.800 EUR.
Daraus errechnet sich ein verminderter Verschonungsabschlag von
85 % × 1.004.800 EUR/1.256.000 EUR = 68 %.
Die Erbschaftsteuerfestsetzung wird rückwirkend entsprechend geändert.
3.1.2 Behaltensfrist von 5 Jahren
Unabhängig von der Einhaltung der Lohnsummenbedingung wird auch dann eine Nachversteuerung ausgelöst, wenn der GmbH-Anteil innerhalb der Behaltensfrist von 5 Jahren veräußert wird (§ 13a Abs. 6 ErbStG). Der Veräußerung werden u. a. folgende Sachverhalte innerhalb der Behaltensfrist gleichgestellt:
- Auflösung der GmbH, auch z. B. durch Insolvenz;
- Herabsetzung des Nennkapitals der GmbH mit Auskehrung des Herabsetzungsbetrags an die Gesellschafter;
- Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen der GmbH und anschließende Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter;
- Ausschüttungen der GmbH an den Gesellschafter, welche seine Gewinnanteile um mehr als 150.000 EUR übersteigen.
In den Veräußerungs- oder Auflösungsfällen vermindert sich der Verschonungsabschlag pro rata temporis. Maßgebend ist die erfüllte Behaltensfrist in vollen Jahren im Verhältnis zur gesamten Behaltensfrist.
Nachversteuerung
S veräußert den im Jahr 1 geschenkten GmbH-Anteil nach 4 Jahren. Der Verschonungsabschlag vermindert sich auf
85 % × 4/5 = 68 %.
Reinvestition des Veräußerungserlöses
Die Nachversteuerung kann vermieden werden, wenn der Veräußerungserlös, der durch die an sich schädliche Verfügung erlangt wurde, innerhalb von 6 Monaten in begünstigtes Produktivvermögen reinvestiert wird.