Im Normalfall ist eine Erbauseinandersetzung durch reine Realteilung, bei der das Vermögen der Erbengemeinschaft auf die einzelnen Miterben nach dem Verhältnis der Erbteile ver­teilt wird, nicht möglich. Es kommt dann zu Ausgleichszahlungen des bei der Auseinandersetzung begünstigten Miterben an diejenigen Miterben, die weniger erhalten haben, als ihrem Erbanteil entspricht.

Wird bei einer Erbauseinandersetzung der aus einem oder mehreren Betrieben bestehende Nachlass real geteilt und erhält ein Miterbe wertmäßig mehr, als ihm nach seiner Erbquote zusteht, und zahlt er für dieses "Mehr" dem oder den anderen Miterben eine Abfindung, liegt

  • beim Miterben, der die Abfindung bezahlt, ein Anschaffungsgeschäft und
  • beim Miterben, der die Abfindung erhält, ein Veräußerungsgeschäft vor.

Da der Übernehmer eine Abfindung nur bezahlt, soweit er mehr erhält als ihm erbquotenmäßig zusteht, handelt es sich um einen Spitzen- oder Wertausgleich. Das Entgelt bezieht sich nur auf den Mehrerwerb. Demzufolge erwirbt der Übernehmer nur insoweit entgeltlich, als er wertmäßig mehr zugeteilt erhält als ihm rechnerisch zusteht. Nur soweit eine Abfindung gezahlt wird, liegt also eine entgeltliche Übertragung vor. Diese Grundsätze gelten nach überwiegender Ansicht auch, wenn die Erbauseinandersetzung auf einer Teilungsanordnung[1] des Erblassers beruht.[2]

 
Praxis-Tipp

Rückbeziehung der Erbauseinandersetzung

Vereinbaren die Miterben eine Rückbeziehung der Erbauseinandersetzung auf den Zeitpunkt des Erbfalls, erkennt die Finanzverwaltung[3] zwar an, dass die laufenden Einkünfte nur dem oder denjenigen Miterben zugerechnet werden, die den Betrieb übernehmen, wenn die Auseinandersetzung innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall – evtl. auch später – klar und rechtsverbindlich vereinbart und durchgeführt wird. Dies ändert aber nichts daran, dass die Miterben mit dem Erbfall Mitunternehmer geworden sind und Abfindungszahlungen zu Anschaffungskosten und Veräußerungserlösen führen.[4] Die Erbengemeinschaft wird dann steuerlich so behandelt, als ob sich die Erbengemeinschaft unmittelbar nach dem Erbfall auseinandergesetzt hätte.[5] Aufgrund der Rückbeziehung der Vereinbarung auf den Erbfall sind die ausscheidenden Miterben für eine "logische Sekunde" Mitunternehmer geworden.[6]

Werden die zugeteilten Wirtschaftsgüter in ein Betriebsvermögen überführt, ist die Buchwertfortführung auch zwingend, wenn ein Spitzenausgleich gezahlt wird. Bei Zahlung eines Spitzenausgleichs kommt es allerdings zu einer partiellen Gewinnrealisierung und damit zu einer teilweisen Versteuerung von stillen Reserven. Der Spitzenausgleich führt nach der Rechtsprechung des BFH[7] in Höhe des vollen Betrags des Spitzenausgleichs (ohne Gegenrechnung eines anteiligen Buchwerts) zu einem laufenden Gewinn. Die Entscheidung des BFH[8], wonach der volle Spitzenausgleich ohne Gegenrechnung des anteiligen Buchwerts zu versteuern ist, hat der BMF[9] mit einem Nichtanwendungserlass belegt.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung und der h.  M. wird nur im Verhältnis der Ausgleichszahlung zum Wert der übernommenen Wirtschaftsgüter entgeltlich angeschafft und veräußert und nur insoweit Gewinn realisiert. Zur Ermittlung des Gewinns aus der Ausgleichszahlung ist danach eine anteilige Gegenrechnung der Buchwerte vorzunehmen.[10] Der Spitzenausgleich-Gewinn ist ein laufender, nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigter Gewinn, auch wenn die Miterben Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile erhalten.[11] Der Spitzenausgleich-Gewinn unterliegt nicht der Gewerbesteuer[12], weil die Realteilung ein betriebsbeendender Vorgang ist.

 
Praxis-Beispiel

Aufteilung des betrieblichen Nachlasses

A und B sind Miterben zu je ½. Der Nachlass besteht aus:

 
  Buchwert Teilwert
Teilbetrieb 1: 100.000 EUR 1.000.000 EUR
Teilbetrieb 2: 80.000 EUR 800.000 EUR
Summe 180.000 EUR 1.800.000 EUR

Die Kapitalkonten von A und B betragen je 90.000 EUR. Bei der Nachlassteilung erhält A den Teilbetrieb 1 und B den Teilbetrieb 2. Zum Wertausgleich zahlt A an B 100.000 EUR. A und B führen die zugewiesenen Teilbetriebe als Einzelunternehmen fort.

  • Lösung nach BFH:

Nach Auffassung des BFH führt der Spitzenausgleich von 100.000 EUR in voller Höhe zu Betriebseinnahmen des B und zu korrespondierenden Anschaffungskosten des A. B erzielt in Höhe des Spitzenausgleichs von 100.000 EUR einen laufenden Gewinn. A und B müssen in ihren Fortführungseröffnungsbilanzen ihre Kapitalkonten erfolgsneutral an die Buchwerte der übernommenen Teilbetriebe angleichen (Kapitalkonto A nach Angleichung: 100.000 EUR, Kapitalkonto B nach Angleichung: 80.000 EUR). Anschließend hat der leistungsverpflichtete A die Buchwerte der von ihm übernommenen Wirtschaftsgüter von 100.000 EUR um die von ihm aufgewendeten Anschaffungskosten von 100.000 EUR auf 200.000 EUR aufzustocken.

  • Lösung nach Finanzverwaltung und h.  M.:

A ist zu 50 % am Nachlass beteiligt, wertmäßig stehen ihm also ½ von 1.800.000 EUR = 900.000 EUR zu. Dafür erhält er den Teilbetrieb 1 im Wert von 1 Mio. EUR, also...

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