2.1 Buchwertfortführungszwang ohne Gewinnrealisierung
Ein Handelsgeschäft oder ein sonstiges Unternehmen, das der Erblasser betrieben hat, ist grundsätzlich vererbbar. Der Betrieb fällt als Ganzes in den Nachlass. Die Kaufmannseigenschaft nach §§ 1 ff. HGB ist dagegen nicht vererblich, sie kann aber in der Person des Erben neu entstehen.
Geht ein Betrieb im Wege der Erbfolge auf einen Alleinerben über, handelt es sich steuerlich um eine unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Schuldrechtliche Beziehungen zwischen Erblasser und Alleinerbe erlöschen zivilrechtlich i. d. R. mit dem Erbfall durch Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit (Konfusion). Der Alleinerbe ist verpflichtet, das Betriebsvermögen in dem Umfang und mit den Werten fortzuführen, mit denen es in der Bilanz des Erblassers ausgewiesen war.
Die Fortführung der Buchwerte ohne Gewinnrealisierung ist auch dann zwingend, wenn das Kapitalkonto des Erblassers negativ ist.
Dieselben Grundsätze gelten auch für einen durch den Erblasser verpachteten Betrieb.
Dem Erblasser entsteht kein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn, der Erbe hat keine Anschaffungskosten. Aufgrund der Fortführung des Betriebs unter gleichzeitiger Übernahme der Bilanzansätze scheidet eine Realisierung stiller Reserven aus, sie gehen unbesteuert auf den Erben über.
Prozesskosten für Testamentsanfechtung keine Betriebsausgabe
Prozesskosten für eine Testamentsanfechtung oder zur Abwehr erbrechtlicher Ansprüche sind keine Betriebsausgaben, obwohl zum Nachlass ein Gewerbebetrieb gehört.
2.2 Wirtschaftsjahr und Gewinnzurechnung
Das Wirtschaftsjahr des Erblassers wird zum Wirtschaftsjahr des Erben, der das Einzelunternehmen fortführt. Eine Umstellung auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum bedarf des Einvernehmens mit dem Finanzamt. Dem Erblasser ist der bis zu seinem Todestag entstandene Gewinn zuzurechnen, der zeitanteilig geschätzt werden kann, wenn auf den Todestag keine Zwischenbilanz aufgestellt wird. Das gilt auch im Fall eines abweichenden Wirtschaftsjahrs.
Betriebe mit ungleichmäßigem Geschäftsablauf
In Unternehmen mit ungleichmäßigem Geschäftsablauf, z. B. bei einem Juwelierbetrieb, schwankt oft der Umsatz im Laufe des Wirtschaftsjahrs in einem derartig erheblichen Maße, dass eine zeitanteilige Gewinnzurechnung im Ergebnis als unbefriedigend angesehen werden muss. Anstelle der zeitanteiligen Gewinnaufteilung sollte in diesen Fällen einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze in den 2 Abschnitten des Wirtschaftsjahrs der Vorzug gegeben werden. Bei schwierigen Erbverhältnissen sollte daher eine Bilanz auf den Todestag erstellt werden.
2.3 Fortführung des Betriebs
Der Alleinerbe kann den Betrieb – vorübergehend oder auf Dauer – fortführen, er kann ihn aber auch sofort veräußern oder aufgeben. Führt er den Betrieb fort, erzielt er ab dem Todestag des Erblassers z. B. gewerbliche Einkünfte.
Auch der Tod eines Freiberuflers führt nicht zur "zwangsweisen" Aufgabe seines Betriebs, sondern geht als freiberuflicher Betrieb auf die Erben über. Das freiberufliche Betriebsvermögen des Erblassers wird zu Betriebsvermögen des Erben oder der Miterben.
War der Erblasser freiberuflich nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig, erzielt der Alleinerbe nur Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, wenn er nicht berufsfremd ist. Berufsfremd ist, wer nicht die erforderliche freiberufliche Qualifikation besitzt. Ist der Alleinerbe berufsfremd, erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, auch wenn er den freiberuflichen Betrieb des Erblassers, z. B. mithilfe eines beruflich qualifizierten Mitarbeiters fortführt.
Berufsfremde Erben
Berufsfremde Erben freiberuflichen Betriebsvermögens erzielen bei dessen Verwertung nur dann freiberufliche Einkünfte, wenn sie die Praxis nicht (auch nicht für eine gewisse Zeit) fortführen, sondern sogleich veräußern oder aufgeben oder die durch die freiberufliche Tätigkeit des Verstorbenen geschaffenen Produkte, z. B. Kunstwerke, veräußern. Keine gewerblichen, sondern freiberufliche Einkünfte liegen also vor, wenn die Praxis des verstorbenen Freiberuflers von dem – berufsfremden – Erben nicht fortgeführt, sondern lediglich abgewickelt wird.
Veräußerung der zum Nachlass eines Kunstmalers gehörenden Bilder
Kunstmaler A hinterlässt seinem Sohn S als Alleinerbe zahlreiche selbst gemalte Bilder. S, der selbst nicht künstlerisc...