Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährte Ruhegehälter wie Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung nur mit einem Besteuerungsanteil zu erfassen.
Normenkette
§§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und Satz 3, 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 5, 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG, Art. 3 Abs. 1, 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG
Sachverhalt
K bezieht beamtenrechtliche Versorgungsbezüge. Die erfasste das FA als Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit und zog auch den Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag dazu ab. K begehrte aber die Besteuerung seiner Versorgungsbezüge nach dem für Sozialversicherungsrenten geltenden Besteuerungsanteil (Ertragsanteil). Die Klage blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 26.8.2010, 1 K 1557/08, Haufe-Index 2552276, EFG 2011, 250).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision, wie unter den Praxis-Hinweisen erläutert, zurück. Er teilte insbesondere nicht Ks verfassungsrechtliche Einwendungen.
Hinweis
Das Anliegen des Klägers im Besprechungsfall war im Wesentlichen darauf gerichtet, seine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge wie Sozialversicherungsrenten besteuern zu lassen.
1. Der BFH folgte dem nicht. Ks Besteuerung entsprach der einfachrechtlichen Lage. K bezog Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG), von denen der Versorgungsfreibetrag sowie der Zuschlag dazu steuerfrei blieb (§ 19 Abs. 2 Satz 1, 3 EStG). Es gilt der Werbungskostenpauschbetrag (102 EUR, § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG), sofern nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden.
2. Diese einfachrechtliche Lage ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ks Einwendungen, insbesondere im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), greifen im Ergebnis nicht. Die beamtenrechtlichen Bezüge werden in vollem Umfang (mit Ausnahme des künftig immer weiter abschmelzenden Versorgungsfreibetrags) im Zeitpunkt des Zuflusses besteuert (nachgelagerte Besteuerung). Sie sind gerade nicht dem nur noch vorübergehend geltenden System der Besteuerung der Sozialversicherungsrenten (Besteuerung nur mit Ertragsanteil) zu unterwerfen. Das ergibt sich hinlänglich aus der Rechtsprechung des BVerfG zur Besteuerung der Alterseinkünfte (BVerfG, Urteil vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99 – BFH/NV 2002, Beilagen 1–2, 60, BVerfGE 105, 73). Denn künftig gilt das System der nachgelagerten Besteuerung; Versorgungsbezüge unterliegen schon immer diesem Besteuerungsprinzip. An diese neuen Grundsätze ist aber das bisherige – und noch gänzlich anderen Strukturprinzipien folgende – System der Besteuerung von Sozialversicherungsrenten anzupassen. Es wird nämlich mit langen, dem Grundsatz des Vertrauensschutzes entsprechenden Übergangsphasen an die nachgelagerte Besteuerung herangeführt. Die von K begehrte Besteuerung der Versorgungsbezüge mit einem Ertragsanteil stünde dem völlig entgegen, sie widerspräche letztlich dem Gebot der Folgerichtigkeit.
3. Dementsprechend befindet sich das Recht der Besteuerung der Alterseinkünfte in einer Übergangsphase. So gilt jedenfalls noch für eine Übergangszeit der Versorgungsfreibetrag. Sozialversicherungsrenten werden seit 2005 immerhin mit einem Besteuerungsanteil von mindestens 50 % erfasst, der kohortensortiert ansteigt (Tabelle nach § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG). Für Beamtenpensionen gilt nicht mehr der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (1.000 EUR), sondern nur noch der Pauschbetrag von 102 EUR. In dieser Übergangsphase waren nicht zuletzt auch sehr unterschiedliche Rentenerwerbsbiografien zu berücksichtigen, um eine Doppelbesteuerung auszuschließen. Diese Aspekte flossen sämtlich in die verfassungsrechtliche Beurteilung des Übergangsrechts ein. Auf dieser Grundlage sieht der BFH im Ergebnis die Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG in der Entscheidung zur Besteuerung der Alterseinkünfte (BVerfG, Urteil vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99 – BFH/NV 2002, Beilagen 1–2, 60).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.2.2013 – VI R 83/10