Leitsatz
Dem Einkommensteuerbescheid eines Veranlagungsjahres kommt die Funktion eines Quasi-Grundlagenbescheides für den Bescheid über die Verlustfeststellung am Ende des Veranlagungsjahres zu.
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten über die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Vermietung sowie einer stillen Beteiligung. Diese wollte das Finanzamt mangels Vergleichbarkeit mit fremden Dritten bzw. fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht berücksichtigen. Der Kläger legte gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid Einspruch ein, der als unbegründet zurückgewiesen wurde, da die Einkommensteuer auf null festgesetzt wurde und keine Beschwer gegeben sein. Ein weiterer Antrag auf Änderung nach § 164 AO ist noch nicht beschieden. Weiterhin legte der Kläger einen Einspruch und Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Verlustvortrags Einspruch ein. Seiner Ansicht nach sei der Verlust zu berücksichtigen. Zudem sei die Abweisung des Einspruchs gegen die Einkommensteuer als unbegründet falsch gewesen. Entschieden wurde im Klageverfahren dabei nur über den Antrag des Klägers die Entscheidung über die Klage gegen den Bescheid zur Verlustfeststellung zurückzustellen, bis über den Antrag auf Änderung der Einkommensteuer entschieden worden ist.
Entscheidung
Mit seinem Antrag hatte der Kläger Erfolg. Unter Verweis auf § 74 FGO ordnete das Gericht an, die Verhandlung auszusetzen, bis über den Antrag zur Einkommensteuer entschieden worden ist. Eine solche Aussetzung komme insbesondere in Betracht, wenn über einen Grundlagebescheid eine Entscheidung zu treffen sein, der Bindungswirkung für den Folgebescheid habe. Zwar sei der Einkommensteuerbescheid für das Jahr, an dessen Ende die Verlustfeststellung erfolge, kein Grundlagenbescheid. In seinen Wirkungen entspreche der Einkommensteuerbescheid aber einem Grundlagenbescheid, so dass ihm die Wirkung eines Quasi-Grundlagenbescheides zukomme. Insbesondere sei im Verfahren zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages keine eigenständige Einkünfteermittlung vorzunehmen. Hieraus folge, dass eine Beschwer auch bei einer Einkommensteuer von Null gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige den Ansatz von Besteuerungsrundlagen rügt.
Hinweis
Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht durchaus komplexe Entscheidung trifft zwei ganz wesentliche Aussagen. Zum einen führt sie an, dass der Bescheid über die Einkommensteuer eines Veranlagungsjahres zwar kein Grundlagenbescheid im eigentlichen Sinne für die Verlustfeststellung ist (vgl. Lindberg, in Frotscher/Geurts, EStG, § 10d EStG Rz. 79 m. w. N.); dem Einkommensteuerbescheid komme aber die Wirkung als Quasi-Grundlagebescheid zu. Dies hat insbesondere zum anderen die Folge, dass ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid auch dann in Betracht kommt, wenn die Einkommensteuer auf null festgesetzt wird, aber der Steuerpflichtige Einwendungen gegen die Besteuerungsgrundlagen erhebt, die auch Auswirkungen bei den festzustellenden Verlusten haben. Dies entspricht in der Zwischenzeit auch der Ansicht der Verwaltung (vgl. AOAE zu § 350 Nr. 3b). Diese Ausführungen erscheinen zutreffend und sind zukünftig zu beachten. Einspruch ist damit grundsätzlich gegen den Einkommensteuerbescheid zu erheben.
Link zur Entscheidung
FG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2016, 10 K 3686/13 F