Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Der BFH hatte zur Beförderung von Personen auf einer autofreien Insel entschieden, dass ein umsatzsteuerrechtlich begünstigter Verkehr mit Taxen auch ohne Pkw (z. B. mit Pferdefuhrwerken) vorliegen kann, wenn die übrigen Merkmale des Taxiverkehrs in vergleichbarer Form gegeben sind.
Die Finanzverwaltung ergänzt aufgrund dieses Urteils den UStAE und wendet den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG auch für Beförderungsleistungen ohne Pkw an, wenn die übrigen Merkmale des Taxenverkehrs vorliegen. Insbesondere müssen danach die folgenden Kriterien erfüllt sein:
- Die durchgeführten Beförderungen müssen dem Leitbild des § 47 PBefG entsprechen. Dazu müssen insbesondere die Wagen an öffentlich zugänglichen Stellen bereitgehalten werden und Fahrten müssen zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausgeführt werden.
- Zu prüfen ist nach dem Urteil des BFH auch, ob allgemeine Beförderungsentgelte (Tarife) oder jeweils speziell ausgehandelte Beförderungspreise vorliegen.
Hinweis
Die Finanzverwaltung nimmt fast wortgleich die Formulierung aus dem Urteil des BFH auf und verweist insoweit auf die Entscheidung. Allerdings hat der BFH eine konkrete Rechtsfolge aus der Abgrenzung von allgemeinen Beförderungsentgelten und speziell ausgehandelten Beförderungspreisen nicht dargestellt. Es ist insoweit davon auszugehen, dass speziell ausgehandelte Beförderungspreise der Annahme einer ermäßigt besteuerten Personenbeförderung entgegenstehen.
Konsequenzen für die Praxis
Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG kommt dem Gesetz nach in Betracht, wenn die Beförderung von Personen mit Taxen innerhalb einer Gemeinde bzw. bis max. 50 km erfolgt. Bei autofreien Gebieten kann – entgegen der Formulierung in § 47 Abs. 1 PBefG – eine solche begünstigte Beförderung auch durch andere Verkehrsmittel wie ein Pferdefuhrwerk erfolgen, da es keine unmittelbare Verweisung aus § 12 UStG auf § 47 Abs. 1 PBefG gibt. Voraussetzung ist nach dem Urteil des BFH, dass die Beförderung dem Verkehr mit Taxen entspricht.
Damit wird sich die praktische Anwendung dieser Anpassung auf sehr wenige Fälle beschränken. Klassische mit Pferdefuhrwerke angebotene Fahrten (Ausflugs- oder Rundfahrten) unterliegen danach weiterhin dem Regelsteuersatz. Außerdem kann die Steuersatzermäßigung nach dem Urteil des BFH nur dann für andere Beförderungsmittel in Betracht kommen, wenn es sich um ein Gebiet handelt, in dem ein Verkehr mit Pkw allgemein unzulässig ist – ob dies dann dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht, ist vom BFH nicht weiter thematisiert worden.
Die Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 2.7.2021, III C 2 – S 7244/0 :003, BStBl 2021 I S. 918.