Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Die erstmalige Anwendung des EigZulG hängt in Herstellungsfällen nach § 19 Abs. 1 EigZulG davon ab, dass der Steuerpflichtige nach dem 31.12.1995 mit der Herstellung des begünstigten Objekts begonnen hat. Die Förderung kann auf Antrag auch gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige nach dem 26.10.1995 mit der Herstellung des Objekts begonnen hat. Als Beginn der Herstellung gilt bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtigen haben am 11.1.1994 einen Bauantrag für die Errichtung eines Anbaus gestellt. Um das Auslaufen der Baugenehmigung vom 19.4.1994 zu verhindern, haben sie im April 1996 und Mai 1998 Verlängerungsanträge gestellt. Diese wiesen gegenüber dem mit dem ursprünglichen Bauantrag beabsichtigten Bauvorhaben Änderungen bei der Dachform und den Fenstern auf. Die Baugenehmigungsbehörde betrachtete diese Änderungen als bautechnisch minimal und damit lediglich als Nachtrag zum bereits erteilten Bauschein.
Nach Fertigstellung des Anbaus machten die Steuerpflichtigen in ihrer Steuererklärung die Steuerbegünstigung nach § 10e EStG geltend. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Herstellung des Anbaus in den zeitlichen Anwendungsbereich des EigZulG fällt, weil auf den Verlängerungsantrag vom Mai 1998 abzustellen sei.
Entscheidung
Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und entschieden, dass als Bauantrag i. S. des § 19 Abs. 4 EigZulG nicht auf den ursprünglichen Bauantrag, sondern auf den Verlängerungsantragvom Mai 1998 abzustellen ist. § 19 EigZulG legt fest, für welche Bauvorhaben bereits das EigZulG gilt und für welche noch die zuvor geltende Fassung der §§ 10e, 10h und 34f EStG Anwendung findet. Als entscheidendes Kriterium für diese Abgrenzung stellt § 19 Abs. 1 EigZulG im Fall der Herstellung eines Objekts auf den Herstellungsbeginn ab. Da die Ermittlung des Zeitpunkts des Herstellungsbeginns im Einzelfall aber erheblichen Aufwand erfordern kann, hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 4 EigZulG bei genehmigungsbedürftigen Objekten den Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags als Herstellungsbeginn fingiert. Auf den Zeitpunkt der Bauantragsstellung wird also allein deshalb abgestellt, weil sich dieser leichter prüfen lässt als der Zeitpunkt des tatsächlichen Baubeginns.
Vor diesem Hintergrund ist als Bauantrag i. S. des § 19 Abs. 4 EigZulG der Verlängerungsantrag anzusehen. Denn die Herstellung des Anbaus beruhte letztlich maßgeblich auf dem Verlängerungsantrag und nicht auf dem ursprünglichen Bauantrag. Hinzu kommt, dass eine Identität zwischen dem ursprünglichen Bauvorhaben, für das die Unterlagen mit dem Bauantrag vom 11.1.1994 eingereicht wurden, und dem Bauvorhaben, das schließlich auf der Grundlage des - genehmigten - Nachtrags vom 14.5.1998 errichtet wurde, nicht mehr gegeben ist, weil der fertig gestellte Anbau gegenüber dem mit dem ursprünglichen Bauantrag beabsichtigten Bauvorhaben wesentliche Änderungen aufweist. Darauf, dass die Baugenehmigungsbehörde die Änderungen lediglich als Nachtrag zum Bauschein vom 19.4.1994 und die Änderungen als baurechtlich minimal betrachtet, kommt es nicht an. Damit fällt das Bauvorhaben in den zeitlichen Anwendungsbereich des EigZulG.
Hinweis
Die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu der in Rede stehenden Problematik ist nicht einheitlich. Während der 5. Senat des FG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17.6.2002, 5 K 2595/01, entschieden hat, dass bei einem bloßen Nachtragsantrag auf den ursprünglichen Bauantrag abzustellen ist, stellt das FG Berlin in seiner zu § 10e EStG ergangenen Entscheidung vom 23.10.2002, 2 K 2320/00, darauf ab, ob sich bei wiederholter Antragstellung die Art des Bauvorhabens und das zu bebauende Grundstück geändert haben oder nicht. Nach einem Urteil des FG München vom 17.5.2001, 10 K 3741/00, bleibt der ursprüngliche Bauantrag auch maßgebend, wenn die Bauaufsichtsbehörde erst nach einer Umstellung des Antrags die Baugenehmigung erteilt, sofern nicht eine ausdrückliche Ablehnung des ersten Antrags und ein Neuantrag erfolgt sind. Da die Steuerpflichtigen gegen das Rezensionsurteil unter dem Az. III R 61/03 Revision beim BFH eingelegt haben, wird die hier interessierende Frage wohl in absehbarer Zeit höchstrichterlich geklärt.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.08.2003, 3 K 2362/01