OFD Hannover, Verfügung v. 8.7.2005, S 2256 - 70 - StO 232/231

Bezug: Beitrag Nr. 22 in der Heftung „Information über Steuerfragen” vom 19.12.2003, S 2506 – 21 – StO 221/S 2506 – 23 – StH 221

Mit dem StEntIG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 ist u.a. die steuerrechtliche Behandlung von Verlusten bei den Einkünften aus §§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG und § 22 Nr. 3 EStG modifiziert worden.

Waren nach der Gesetzlage bis zum VZ 1.998 Verluste insoweit nur mit gleichartigen Gewinnen im selben VZ ausgleichsfähig (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG a.F., § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. – horizontaler Verlustausgleich), so können Verluste ab dem VZ 1999 innerhalb des § 22 Nr. 3 EStG bzw. innerhalb des § 23 EStG nach Maßgabe des § 10d EStG vor- bzw. zurückgetragen werden (horizontaler Verlustabzug).

Ein Verlustausgleich mit anderen Einkünften im selben VZ (vertikaler Verlustausgleich) bzw. ein Verlustvor-/-rücktrag mit anderen Einkünften (vertikaler Verlustabzug) ist jedoch nicht möglich.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit erfolgt an dieser Stelle eine Zusammenfassung zu den neueren Entwicklungen in der Rechtsprechung.

 

1. Negative Einkünfte aus § 22 Nr. 2, § 23 EStG

 

1.1 Verluste aus VZ bis einschließlich 1998

Für Verluste aus Spekulationsgeschäften i.S. von § 23 EStG in den für die Jahre vor 1999 geltenden Fassungen sind, soweit diese Vorschriften auch unter Berücksichtigung des Urteils des BVerfG vom 9.3.2004, 2 BvL 17/02, anwendbar bleiben, in den noch offenen Altfällen die allgemeinen einkommensteuerlichen Regelungen über Verlustausgleich und Verlustabzug (§ 10d EStG) anzuwenden. Die Grundsätze des zu § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. ergangenen Beschlusses des BVerfG vom 30.9.1998, 2 BvR 1818/91 (siehe Tz. 2.1), sind auf die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG a.F. übertragbar (BFH vom 1.6.2004, IX R 35/01, BStBl 2005 II S. 26).

Hinweis:

Nach dem Urteil des BFH vom 14.7.2004, IX R 13/01 (BStBl 2005 II S. 125) sind Gewinne und Verluste aus Wertpapiergeschäften in den VZ 1997 und 1998 aufgrund des Urteils des BVerfG vom 9.3.2004, 2 BvL 17/02, nicht zu berücksichtigen. Gegen das Urteil des BFH vom 14.7.2004 a.a.O. wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (BVerfG: 2 BvR 1935/04). Einspruchsverfahren in gleichgelagerten Fällen ruhen daher kraft Gesetz § 363 Abs. 2 Satz 2 AO, Aussetzung der Vollziehung ist nicht zu gewähren.

 

1.2 Verluste aus VZ ab 1999

Einsprüche, mit denen die Steuerpflichtigen einen Verlustausgleich mit anderen Einkünften im selben VZ begehren, ruhen im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren (BFH: IX R 45/04, Vorinstanz FG Köln vom 15.9.2004, 7 K 1268/03 und IX R 31/04, Vorinstanz FG Berlin vom 22.6.2004, 7 K 7500/02) gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO. Aussetzung der Vollziehung ist jedoch nicht zu gewähren.

Für Einsprüche, mit denen die Steuerpflichtigen (daneben) eine Verlustvor-/-rücktrag mit anderen Einkünften begehren, können diese Grundsätze analog angewendet werden.

 

1.3 Verlustrücktrag und Freigrenze des § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG bleiben Gewinne nur dann steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 1.000 DM/7.512 EUR betragen hat.

Beispiel:

Gewinn aus § 23 EStG im VZ 2003: 3.000 EUR
Verlust aus § 23 EStG im VZ 2004: 5.000 EUR
Verlustrücktrag von 2004 nach 2003 (Beschränkung auf:): 2.489 EUR
zu versteuernde Einkünfte in 2003: 511 EUR

Lösung:

Die Einkünfte 2003 liegen zwar mit 511 EUR unterhalb der Freigrenze von 512 EUR. Gleichwohl werden diese Einkünfte der Besteuerung unterworfen, da die Anwendung der Freigrenze vor Verlustvor-/-rücktrag zu prüfen ist.

Mit Urteilen vom 11.1.2005 (IX R 13/03 und IX R 27/04) hat der BFH die Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 25.10.2004, BStBl 2004 I S. 1034, Tz. 52) bestätigt, wonach eine Überschreitung der Freigrenze vor Durchführung eines Verlustrücktrags zu prüfen ist, so dass bei Unterschreitung der Freigrenze allein aufgrund eines Verlustrücktrags der verbleibende Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern ist. § 23 Abs. 3 Satz 6 EStG stelle allein auf den im jeweiligen Kalenderjahr erzielten Gesamtgewinn ab, während die den Verlustabzug regelnde Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG a.F. (jetzt: Satz 9) an die Einkünfte anderer Jahre anknüpft. Zur Ermittlung der Einkünfte der anderen Jahre gehöre aber auch zwangsläufig die Prüfung der Freigrenze allein für diese Jahre, unabhängig von einem eventuell durchzuführenden Verlustabzug. Die Bearbeitung von bisher ruhenden Einspruchsverfahren kann wieder aufgenommen werden.

 

2. Negative Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG

 

2.1 Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände – VZ bis einschließlich 1998

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 30.9.1998, 2 BvR 1818/91, die Nichtigkeit des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. insoweit festgestellt, als Verluste aus der Vermietung beweglicher Gegenstände weder mit Gewinnen anderer Jahre, noch mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden können. Verluste aus der Vermietung beweglic...

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