Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Ein Steuerstundungsmodell setzt Feststellungen zum Werben mit Steuervorteilen durch Erzielung negativer Einkünfte voraus. Die Regelung wurde vorrangig für geschlossene Fonds in der Form von Personengesellschaften (i. d. R. GmbH & Co. KG) geschaffen. Typische Steuerstundungsmodelle, die unter die Regelung des § 15b EStG fallen, sind z. B.
- Medienfonds,
- Games-Fonds (Herstellung und Vermarktung von Computer- und Videospielen),
- Wertpapierhandelsfonds (hier insbesondere Handel mit Wertpapieren unter Anwendung der Einnahmen-Überschussrechnung),
- geschlossene Immobilienfonds,
- New Energy Fonds (Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen, Solarenergieanlagen, Biomasse- und Biogasanlagen) sowie
- nicht renditeorientierte Schifffonds.
Für die Annahme eines Steuerstundungsmodells i. S. d. § 15b Abs. 1 EStG ist Voraussetzung, dass auf ein vorgefertigtes Konzept i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG zurückgegriffen wird. Nach § 20 Abs. 7 Satz 2 EStG liegt ein vorgefertigtes Konzept auch dann vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Das bloße Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee führt nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells.
Bei Personengesellschaften, einschließlich sog. Zebragesellschaften und mehrstöckigen Gesellschaften, erstreckt sich die Regelung des § 15b EStG auf sämtliche Verluste aus dem Steuerstundungsmodell, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Gesamthands- oder um Sonder(betriebs)vermögen handelt. Auch nicht modellhafte Sonderbetriebsausgaben oder Sondererwerbskosten sowie nicht prognostizierte Aufwendungen, zu denen z. B. unerwarteter Erhaltungsaufwand gehören können, sind mit einzubeziehen.
Nicht unter die Regelung fallen Anlaufverluste von Existenz- oder Firmengründern.
Eine Sonderregelung gibt es für Schifffonds. Verluste i. S. d. § 15b EStG können nicht mit Gewinnen i. S. d. § 5a Abs. 1 EStG verrechnet werden.
Unabhängig von den Voraussetzungen der modellhaften Gestaltung, der Werbung mit Steuervorteilen sowie der 10 %-Grenze nach § 15b Abs. 2, 3 EStG ist § 15b EStG ebenfalls anzuwenden, wenn in bestimmten Fällen ein Verlust aus Gewerbebetrieb entsteht oder sich ein bestehender Verlust erhöht, indem ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger nach dem 28.11.2013 Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens anschafft, herstellt oder in das Betriebsvermögen einlegt. In diesen Fällen gilt das Verrechnungsverbot für die dadurch getätigten sofort abziehbaren Betriebsausgaben, wenn die Übereignung der Wirtschaftsgüter ohne körperliche Übergabe durch Besitzkonstitut nach § 930 BGB oder durch Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB erfolgt. Ziel der Regelung ist es, bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung eine mögliche temporäre Steuerersparnis auszuschließen. Vorrangig wird damit das sog. "Goldfinger-Steuersparmodell" gestoppt, mit dem Steuerzahler durch Gründung von Edelmetallhandelsfirmen im Ausland steuerliche Vorteile erzielt hatten. Ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG kann auch vorliegen, wenn die prognostizierten Verluste auf gesetzlichen Abschreibungsmethoden (degressive AfA, Sonderabschreibungen) beruhen. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 15b EStG steht nicht im Widerspruch zu vom Gesetzgeber geschaffenen Lenkungsmaßnahmen.
Ein Konzept, das keine steuerlichen Vorteile in Aussicht stellt, sondern vielmehr – in betrügerischer Absicht – mit von Beginn an erzielbaren Renditen wirbt, ist kein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG.
Hohe (negative) Zwischengewinne beim Erwerb von Anteilen an einem Investmentfonds führen nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells nach § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG i. V. m. § 15b EStG. Negative Einnahmen aufgrund von Zwischengewinnen können zwar zu negativen Einkünften führen. Ohne die Grundvoraussetzungen des § 15b EStG (modellhafte Gestaltung, Werbung mit Steuervorteilen) zu erfüllen, führen sie für sich allein nicht zur Versagung der Verlustverrechnung.
§ 15b EStG gilt sinngemäß auch in Fällen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG.