Leitsatz
Es ist zu vermuten, dass die von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern angestrebte, aber bis zur Liquidation der Gesellschaft niemals aufgenommene wirtschaftliche Tätigkeit auf Erzielung eines Gewinns ausgerichtet war, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Tätigkeit verlustgeneigt hätte sein können oder dass die gewerbliche Prägung später hätte entfallen sollen. Die durch die Gründung und Verwaltung der Gesellschaft veranlassten Ausgaben sind dann als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich festzustellen.
Normenkette
§ 15 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Zwei Immobilienkaufleute hatten Vorrats-GmbH erworben und mit diesen insgesamt 24 GmbH & Co. KG gegründet, deren Kommanditisten sie jeweils waren. Zweck dieser gewerblich geprägten Gesellschaften war jeweils der Erwerb von Rendite-Immobilien und deren Verwaltung. Nur einige der Gesellschaften wurden später wirtschaftlich aktiv und erzielten hohe Gewinne. Die klagende KG gehörte nicht zu den aktiv gewordenen Gesellschaften, sondern wurde nach fünf Jahren, in denen lediglich Beratungs- und laufende Verwaltungskosten entstanden waren, liquidiert.
Das FA lehnte den Erlass von Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wegen des Fehlens einer Gewinnerzielungsabsicht ab. Auf die dagegen erhobene Klage verpflichtete das FG das FA, die erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb festzustellen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.6.2011, 6 K 6203/08, Haufe-Index 2729674, EFG 2012, 39).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Bei einer Vorrats-GmbH & Co. KG sei zu vermuten, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht gegründet werde. Gegen diese Vermutung sprechende Gesichtspunkte seien weder festgestellt noch auch nur vorgetragen worden.
Hinweis
1.Während eine Kapitalgesellschaft nach der Rechtsprechung des BFH keine außerbetriebliche Sphäre haben kann und deshalb auch bei dauerhafter Verlusterzielung ein Handeln aus außerbetrieblichen Gründen nicht in Betracht kommt, besteht bei Personengesellschaften die Möglichkeit, dass die zu Verlusten führende Tätigkeit auf außerbetrieblichen Erwägungen ihrer Gesellschafter beruht. Dies gilt auch für gewerblich geprägte Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, also Personengesellschaften, deren persönlich haftende Gesellschafter Kapitalgesellschaften sind und bei denen keine natürliche Person zur Geschäftsführung befugt ist. Selbst dann, wenn alle Gesellschafter Kapitalgesellschaften sind, die ihrerseits keine außerbetriebliche Sphäre haben können, können Verluste nur anerkannt werden, wenn von der Absicht zur Erzielung eines Totalgewinns auszugehen ist (BFH, Urteil vom 25.9.2008, IV R 80/05, BStBl II 2009, 266; BFH/PR 2009, 172). Dies hängt damit zusammen, dass für den Totalgewinn auf den Zeitraum bis zum voraussichtlichen Ende der gewerblichen Einkunftserzielung abzustellen ist und dass dieses Ende nicht nur bei Einstellung der Tätigkeit, sondern auch bei Beendigung der gewerblichen Prägung eintritt.
2. Die dauerhafte Erzielung von Verlusten lässt für sich genommen aber nicht den Schluss darauf zu, dass außerbetriebliche Gründe der Gesellschafter dafür ursächlich sind. Hinzukommen muss nach der Rechtsprechung des BFH, dass die verlustbringende Tätigkeit entweder "typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen" oder "zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden". Ein solcher Anhaltspunkt könnte bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft etwa darin zu sehen sein, dass während der Phase der gewerblichen Prägung zunächst Verluste, nach einer Umstrukturierung und "Entprägung" aber nicht der ESt unterliegende positive Einkünfte erzielt werden sollen.
Derartige Umstände hält der BFH bei einer Vorrats-GmbH & Co. KG aber typischerweise nicht für gegeben. Deshalb sind die Verluste in der Phase der Bevorratung der Gesellschaft grundsätzlich anzuerkennen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.10.2014 – IV R 34/11