Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
2.1 Gewerbeverlust
Bei der Gewerbesteuer sind negative Gewerbeerträge ("Fehlbeträge"), die sich bei der Ermittlung der Gewerbeerträge für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, als Gewerbeverlust zu berücksichtigen. Dabei wird der maßgebende Gewerbeertrag des Erhebungszeitraums bis zu einem Betrag i. H. v. 1 Mio. EUR gekürzt, der sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den §§ 7–10 GewStG ergeben hat, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Darüber hinaus ist der 1 Mio. EUR übersteigende maßgebende Gewerbeertrag bis zu 60 % um noch nicht berücksichtigte Fehlbeträge zu kürzen. Diese sog. Mindestbesteuerung entspricht – abgesehen von den VZ 2024 bis 2027 einschl. – betragsmäßig der Regelung des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG. Steuerfreie Einnahmen sowie nicht zum steuerpflichtigen Gewerbeertrag gehörende Veräußerungsgewinne mindern den abziehbaren Verlust nicht. Die negativen Gewerbeerträge i. S. d. §§ 7–10 GewStG werden in den auf die Entstehung des Verlusts folgenden Jahren in aufsteigender Reihenfolge mit positiven Gewerbeerträgen verrechnet. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen. Die Verrechnung erfolgt von Amts wegen erstmals in dem auf das Entstehungsjahr unmittelbar folgenden Erhebungszeitraum. Es besteht kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, in welchem Jahr er den Verlust geltend machen will. Ist der Verlustabzug in einem Erhebungszeitraum zu Unrecht unterblieben, ist eine Übertragung des Abzuges auf einen späteren Erhebungszeitraum nicht zulässig.
Die Beschränkung der Verrechnung von vortragsfähigen Gewerbeverlusten durch die sog. Mindestbesteuerung ist verfassungsgemäß. Das gilt auch, soweit es wegen der Begrenzung zu einem endgültig nicht mehr verrechenbaren Verlust kommt (sog. Definitiveffekt). Im Unterschied zur Körperschaftsteuer gab es bei der Gewerbesteuer in früheren Jahren bereits den Ausschluss von Verlustverrechnungen und damit auch bei periodenübergreifend überwiegenden Verlusten eine definitive Belastung durch Gewerbesteuer.
Kein Verlustrücktrag
Im Gegensatz zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer gibt es bei der Gewerbesteuer keinen Verlustrücktrag, was die Auswirkungen des Definitiveffekts verstärkt.
Anhängiges Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
Zur Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten ist ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.
2.2 Unternehmeridentität/Unternehmensidentität
2.2.1 Begriff
Die Kürzung des Gewerbeertrags setzt sowohl Unternehmeridentität als auch Unternehmensidentität voraus. Die Voraussetzungen müssen ununterbrochen vorliegen. Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Gewerbeverlust in Anspruch nimmt, diesen zuvor in eigener Person erlitten hat. Er muss sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein. Das Merkmal der Unternehmeridentität erfordert nicht auch Beteiligungsidentität.
Unternehmensidentität bedeutet, dass der Gewerbeverlust bei demselben Gewerbebetrieb entstanden ist, dessen Gewerbeertrag in dem maßgeblichen Erhebungszeitraum gekürzt werden soll. Das ergibt sich aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer, der es im Gewerbesteuerrecht nicht zulässt, dass Verluste des einen Gewerbebetriebs i. S. d. § 2 Abs. 1 GewStG bei einem anderen solchen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden. Das gilt auch bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Hier ist darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung die gleiche geblieben ist. Ob dies der Fall ist, mus nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale, wie insbesondere der Art der Betätigung, des Kunde- und Lieferantenkreises, der Arbeitnehmerschaft, der Geschäftsleitung, der Betriebsstätten sowie der Zusammensetzung des Aktivvermögens beurteilt werden. Davon hängt ab, ob ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen bestehen. Unter Gewerbebe...