Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Es liegt kein steuerrechtlich anzuerkennendes Mietverhältnis vor, wenn die Vermieterin die zur Hälfte vermietete Wohnung gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und Mieter bewohnt.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Immobilie mit mehreren Wohnungen. Das Obergeschoss bewohnte sie mit ihrem Lebensgefährten L. Dieser überwies ihr monatlich einen als Miete bezeichneten Betrag von 350 EUR und Haushaltsgeld von 150 EUR.
Die Klägerin und L hatten ein als Mietvertrag bezeichnetes Dokument unterzeichnet, wonach sie die Wohnung im Obergeschoss "zur Hälfte" für 350 EUR incl. Nebenkosten an L vermietet. Das FA erkannte das Mietverhältnis nicht an und berücksichtigte den geltend gemachten Verlust nicht.
Entscheidung
Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und entschieden, dass zwischen der Klägerin und L kein steuerrechtlich anzuerkennendes Mietverhältnis bestand.
Lebensgemeinschaften haben regelmäßig gemeinsam, dass die Lebensgemeinschaft jedenfalls auch eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, deren wesentlicher Bestandteil das gemeinsame Wohnen ist. In diesen Fällen ist nicht ein zivilrechtlicher Vertrag, sondern die persönliche Beziehung ("innere Bindung") der Partner Grundlage dieses gemeinsamen Wohnens. Beide Partner tragen nach ihren Kräften finanziell zur gemeinsamen Lebensführung bei, wozu auch das Wohnen gehört. Die als Mieteinnahmen erklärten Zahlungen sind vor diesem Hintergrund als Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung zu werten. Der von der Klägerin geltend gemachte Verlust aus der "Vermietung" des Obergeschosses ist damit steuerlich unbeachtlich.
Hinweis
Der BFH hatte bereits entschieden, dass der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine ihm gehörende Eigentumswohnung, die er zusammen mit dem anderen Lebenspartner bewohnt, steuerrechtlich nicht wirksam zur Hälfte dem anderen vermieten kann (BFH, Urteil v. 30.1.1996, IX R 100/93, BStBl 1996 II S. 359). Von daher verwundert es nicht, dass das FG die erst im Jahr 2019 erhobene Klage zügig entschieden hat. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin aufgrund der sicherlich eindeutigen Rechtslage überhaupt den kostenpflichtigen Klageweg beschritten hat.
Auch das FG München hat kürzlich entschieden, dass wegen des Zusammenlebens in einer Lebensgemeinschaft nicht ein zivilrechtlicher Mietvertrag, sondern die persönlichen Beziehungen der Partner die Grundlage des gemeinsamen Wohnens sind, FG München, Urteil v. 20.11.2017, 7 K 2023/16. Die als Miete bezeichneten Zahlungen seien somit als Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung zu werten und führten nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.06.2019, 1 K 699/19