Leitsatz
1. Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, können auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie grundsätzlich weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.
2. Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können im Einzelfall durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein.
3. War der Steuerpflichtige an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt, ist ihm ein von der Gesellschaft zur Finanzierung der Anschaffungskosten eines zur Vermietung bestimmten Wohngrundstücks aufgenommenes und ursprünglich durch diese Einkünfteerzielung veranlasstes Darlehen nach der Beendigung der Gesellschaft grundsätzlich in dem Umfang zuzurechnen, in dem ihm vormals auch Einkünfte anteilig zuzurechnen waren.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erwarb 1996 in GbR mit zwei weiteren Gesellschaftern ein Mehrfamilienhaus, welches nach seiner Fertigstellung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung diente. Nach Ablauf der Veräußerungsfrist im Jahr 2007 veräußerte die GbR das Grundstück. Der Erlös reichte nicht aus, um die noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten der GbR vollständig auszugleichen. Ein Gesellschafter tilgte 75.000 EUR der Darlehensverbindlichkeit, der zweite Gesellschafter leistete nichts. Der Kläger übernahm die restliche Darlehensverbindlichkeit (59.500 EUR) sowie die laufenden Verbindlichkeiten der GbR (12.000 EUR) und nahm hierfür ein weiteres Darlehen auf (Umschuldung). Die darauf entfallenden Schuldzinsen machte er als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA lehnte dies ab. Die Klage hatte Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 30.8.2013, 11 K 31/13, Haufe-Index 6003911, EFG 2013, 1990).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Es muss nun noch prüfen, in welchem Umfang die Schuldzinsen aus dem vom Kläger aufgenommenen Umschuldungsdarlehen durch die Erzielung von Vermietungseinkünften veranlasst sind.
Hinweis
Reicht der Erlös aus der Veräußerung eines Vermietungsobjekts nicht aus, um das für die Anschaffung aufgenommenen Darlehen zurückzuzahlen, stellt sich die Frage, ob die nach Beendigung der vermietenden Tätigkeit (nachträglich) gezahlten Schuldzinsen noch durch die (frühere) Erzielung von Einkünften veranlasst sind und deshalb als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können.
1. Dies hatte der IX. Senat bekanntlich im Fall einer steuerbaren Veräußerung bejaht (BFH, Urteil vom 20.6.2012, IX R 67/10, BFH/NV 2012, 1697). Die Finanzverwaltung war dem gefolgt, hatte den Abzug jedoch bei einer nicht steuerbaren Veräußerung ausdrücklich ausgeschlossen (BMF, Schreiben vom 28.3.2013, BStBl I 2013, 508).
2. Mit dem Besprechungsurteil hat der IX. Senat seine Linie fortgesetzt und erstmals entschieden, dass nachträgliche Schuldzinsen auch bei einer nicht steuerbaren Veräußerung dem Grunde nach abziehbar sind. Waren die Schuldzinsen ursprünglich durch die Erzielung von Einkünften veranlasst, weil mit der Darlehensvaluta Anschaffungs- oder Herstellungskosten bezahlt worden sind, und ist dieser Zusammenhang nicht zwischenzeitlich aus anderen Gründen (z.B. wegen Übergangs zur Liebhaberei) entfallen, dann entfällt er auch nicht durch die Veräußerung der Immobilie.
3. Die Veranlassung der Schuldzinsen durch die beendete Vermietungstätigkeit entfällt allerdings, soweit der Veräußerungserlös (wohl vor Abzug der Veräußerungskosten) zur Rückführung des Darlehens hätte eingesetzt werden können. Ob dies tatsächlich geschieht, ist unerheblich. Die Entscheidung, das Darlehen nicht zurückzuführen, ist privat veranlasst. Weiteres Privatvermögen muss nicht zur Schuldentilgung eingesetzt werden.
4.Unschädlich ist, wenn das ursprüngliche Darlehen umgeschuldet wird. Es muss sich um eine übliche Umschuldung handeln, die auch die Vereinbarung einer Tilgungsquote einschließt. Unerheblich ist dann, dass mit dem Umschuldungsdarlehen keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten bezahlt worden sind. Insofern genügt ein mittelbarer Veranlassungszusammenhang. Der Fall bot keine Veranlassung, hierzu weitere Einzelheiten festzulegen. Aus den Hinweisen ergibt sich (ohne Bindungswirkung) allerdings, dass die Valuta des Umschuldungsdarlehens den restlichen Darlehensbetrag nicht übersteigen darf. Geschieht dies doch, wird wohl – wie üblich – aufzuteilen sein.
5. Stand das ehemals vermietete Grundstück im Eigentum einer Personengesellschaft, gilt im Prinzip nichts anderes. Die nachträglichen Schuldzinsen sind den (ehemaligen) Gesellschaftern grundsätzlich in dem Verhältnis zuzurechnen, in dem ihnen auch die Einkünfte zuzurechnen waren. Ob und unter welchen Umständen...