Leitsatz
Im Gegensatz zur spielinternen "Vermietung" von virtuellem Land bei einem Online-Spiel begründet der Umtausch einer Spielwährung als vertragliches Recht in ein gesetzliches Zahlungsmittel (im Streitfall über eine von der Spielbetreiberin verwaltete Börse) eine steuerbare Leistung.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 11 und 11a, § 3a Abs. 2 Satz 1, § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 28 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 355 Abs. 1, § 356 AO
Sachverhalt
Der Kläger vermietete im Rahmen des Online-Spiels "Programm A" in den Streitjahren 2013 bis 2016 virtuelles Land. Bei diesem Programm handelte es sich um eine Online-3D-Weltsimulation, die von B als Spielveranstalterin mit Sitz in den USA auf dort befindlichen Servern betrieben wurde. Die Nutzer konnten das in A computergenerierte virtuelle Abbild der realen Welt mit ihren Spielfiguren, den sog. Avataren, erkunden und durchlaufen, darin Inhalte erstellen sowie mit den Avataren anderer Nutzer sozial interagieren. Insbesondere konnten die Nutzer Details der virtuellen Umgebung (Gebäude, Kunstwerke, Kleidung, Autos etc.) selbst erstellen und innerhalb der virtuellen Welt gegen Zahlung virtueller C‐Dollar an andere Nutzer "verkaufen" oder "vermieten". Das virtuelle Land in A entsprach einer 3D‐animierten Website, die von dem jeweiligen Nutzer nach eigenen Wünschen gestaltet werden konnte. Der jeweilige Nutzer konnte auf dem virtuellen Land eine virtuelle Welt aus Landschaften, Bauten und Gegenständen erschaffen. Bei den C‐Dollar handelte es sich nach den Nutzungsbedingungen der Spielbetreiberin um ein beschränktes Lizenzrecht in Form eines virtuellen Tokens, das dem Nutzer bestimmte Inhalte, Anwendungen, Dienste und nutzerentwickelte Funktionen des Programms A zugänglich macht. Die C‐Dollar konnten innerhalb von A insbesondere im Austausch gegen die Nutzung von Inhalten, Anwendungen und anderen Funktionen auf andere Nutzer übertragen werden. Die C‐Dollar konnten zudem über eine von der Spielbetreiberin verwaltete Börse gegen US‐Dollar auf andere Nutzer übertragen werden. Nach den Nutzungsbedingungen konnte ein Nutzer mit einer Verkaufsorder bei der Spielbetreiberin beantragen, C‐Dollar an der Börse zu dem geforderten Preis zum Verkauf zu listen. Mit einer Kauforder beantragte ein Nutzer bei der Spielbetreiberin, sein Gesuch mit einer offenen Verkaufsorder zu dem nachgefragten Preis zusammenzuführen und den Vollzug des Verkaufs der C‐Dollar zu ermöglichen. Dabei behielt sich die Spielbetreiberin das Recht vor, jede Verkaufs- oder Kauforder unabhängig von einem Grund abzulehnen. Bei Abschluss eines Verkaufs von C‐Dollar über die von der Spielbetreiberin verwaltete Börse wurde der jeweilige Geldbetrag dem Guthabenkonto gutgeschrieben, das der die C‐Dollar übertragende Nutzer bei der Spielbetreiberin führte. Ein Guthaben auf diesem Konto konnte mit Gebührenforderungen der Spielbetreiberin verrechnet oder auf das PayPal‐Konto des jeweiligen Nutzers überwiesen werden.
In den Streitjahren erwarb der Kläger virtuelles Land, parzellierte dieses und "vermietete" es an andere Nutzer gegen Zahlung von C‐Dollar. So erworbene C‐Dollar veräußerte der Kläger über die Börse der Spielbetreiberin gegen Zahlung von US‐Dollar, die er zur Begleichung von Gebühren an die Spielbetreiberin verwendete und sich im Übrigen auszahlen ließ. FA und FG gingen davon aus, dass der Kläger mit seiner Spielteilnahme im Inland umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht habe (FG Köln, Urteil vom 13.8.2019, 8 K 1565/18, Haufe-Index 14470114, EFG 2021, 1058).
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte überwiegend Erfolg. Der BFH verneinte das Vorliegen von im Inland erbrachten Leistungen. Nicht die spielinterne "Vermietung" von virtuellem Land bei einem Online‐Spiel, sondern der Umtausch der Spielwährung als vertragliches Recht in ein gesetzliches Zahlungsmittel begründe eine steuerbare Leistung. Zwar habe der Kläger somit mit der entgeltlichen Übertragung der C‐Dollar eine sonstige Leistung erbracht. Deren Empfänger sei jedoch die Spielbetreiberin in den USA als Kommissionärin, sodass der Ort der Leistung nicht im Inland liege. Keinen Erfolg hatte die Revision im Hinblick auf ein Streitjahr, für das der Kläger verspätet Einspruch eingelegt hatte.
Hinweis
1. Die Nutzungsüberlassung von virtuellen Grundstücken gegen Zahlung von Spielgeld im Rahmen eines Online-Spiels ist keine gegen Entgelt erbrachte Leistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Umsatz steuerbar ist. Maßgeblich ist hierfür, dass derartige Handlungen nur dem Erreichen des Spielzwecks dienen und es daher an einem Marktgeschehen fehlt. Spielinterne "Umsätze" zwischen Personen, die sich auf die bloße Teilnahme an dem Spiel und damit darauf beschränken, in der Interaktion mit anderen Spielteilnehmern das Spielerlebnis zu gestalten, sind somit keine Beteiligung am realen Wirtschaftsleben und führen nicht zu einem zu besteuernden Verbrauch. Eine hiervon abweichende Sichtweise würde dazu führen, dass im Rahmen des Spi...