Leitsatz
Beteiligt sich eine vermögensverwaltende Personengesellschaft (Obergesellschaft) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft), so hat das nicht zur Folge, dass die gesamten Einkünfte der Obergesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten (gegen R 138 Abs. 5 Satz 4 EStR).
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 Nr. 1 EStG , § 126 Abs. 5 FGO
Sachverhalt
Die KG verpachtete ihren früheren kunststoffverarbeitenden Betrieb 1974 an eine GmbH. Im Jahr 1981 verkaufte sie der GmbH das gesamte Anlagevermögen und verpachtete ihr nur noch das Grundstück. In den Streitjahren war sie überdies als Kommanditistin mit einer Einlage von 100.000 DM an der gewerblich tätigen A-KG beteiligt. Die Gewinnanteile daraus betrugen jährlich bis zu 4.170 DM.
Das FA ging von einer Betriebsverpachtung aus und erfasste die Einkünfte aus der Verpachtung des Grundstücks als solche aus Gewerbebetrieb. Das insoweit im ersten Rechtsgang ergangene und der Klage der KG stattgebende Urteil hob der BFH mit Urteil vom 27.6.1995, IX R 11/93, IX R 12/93 (BFH/NV 1996, 319) wegen Verfahrensfehlern auf und wies die Sache zur Prüfung zurück, wie sich die Beteiligung auf die Qualifizierung der Einkünfte auswirke.
Nach erneuter Verhandlung gab ein anderer Senat des FG der Klage im Wesentlichen statt, weil sich die Minimalbeteiligung an der gewerblichen KG auf die Bewertung der Verpachtungseinkünfte der KG nicht ausgewirkt habe. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH kann allein die Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer gewerblichen Personengesellschaft nach dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht zur Gewerblichkeit ihrer Vermietungseinkünfte führen. Andernfalls würden Überschusseinkünfte aus Vermögensverwaltung zu gewerblichen Einkünften mit der Folge, dass Veräußerungsgewinne steuerbar wären, die bei den Überschusseinkünften nicht der Einkommmensteuer unterlägen. Soweit diese Auffassung von den BFH-Urteilen vom 8.12.1994, IV R 7/92, BStBl II 1996, 264 und vom 18.4.2000, VIII R 68/98, BStBl II 2001, 359 abweicht, haben die betroffenen Senate zugestimmt.
Hinweis
Nach der BFH-Entscheidung im ersten Rechtszug lag ein sog. "ruhender" Gewerbebetrieb nicht vor, so dass eine Gewerblichkeit der KG nur bei Abfärbung ihrer Beteiligung auf die Vermietungseinkünfte anzunehmen war.
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit u.a. einer KG, wenn sie auch eine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt. Dem Wortlaut nach unterscheidet § 15 Abs. 1 EStG innerhalb der Einkünfte aus Gewerbebetrieb solche aus gewerblichem Unternehmen (Nr. 1) von den Gewinnanteilen der Gesellschafter (Nrn. 2 und 3).
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erstreckt die Abfärbewirkung nur auf "eine Tätigkeit im Sinn des Abs. 1 Nr. 1". Im Gegenschluss folgt hieraus, dass Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG allein keine gewerbliche Prägung zu erreichen vermögen. Eine abweichende Auslegung gebieten auch nicht Sinn und Zweck der Abfärberegelung, die lediglich Schwierigkeiten bei der Ermittlung von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten ein und derselben Gesellschaft vermeiden will.
Bei Beteiligungseinkünften kommt es nämlich zu diesen Schwierigkeiten nicht. Denn der Gewinnanteil der Obergesellschaft am Gesamtgewinn der Untergesellschaft wird im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Untergesellschaft ermittelt und den Obergesellschaftern als "mittelbaren Mitunternehmern" der Untergesellschaft unmittelbar (unabhängig von der Ermittlung der Einkünfte des restlichen Tätigkeitsbereichs der Obergesellschaft) zugerechnet.
Auch die Sicherung des Gewerbesteueraufkommens als weiterer Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gebietet keine abweichende Auslegung, weil bei Beteiligungseinkünften der hier vorliegenden Art das Gewerbesteueraufkommen nicht gefährdet ist. Denn bei der Obergesellschaft (hier: der KG) würde die Summe des Gewinns und der Hinzurechnung nach § 9 Nr. 2 GewStG um die Anteile am Gewinn der Untergesellschaft gekürzt, wenn es zu einer Abfärbewirkung käme. Gerade die Einkünfte, die auf andere Einkünfte der Gesellschaft abfärben sollen, würden sich wegen der Kürzung gewerbesteuerrechtlich nicht auswirken.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.10.2004, IX R 53/01