Leitsatz
Veräußert ein Steuerpflichtiger seine bisher selbst genutzte und durch ein Darlehen finanzierte Immobilie und verwendet er unter Aufrechterhaltung des Darlehens nur einen Teil des Verkaufserlöses dazu, durch die Anschaffung einer anderen Immobilie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, so kann er aus dem fortgeführten Darlehen nicht mehr an Schuldzinsen als Werbungskosten abziehen, als dem Anteil der Anschaffungskosten der neuen Immobilie an dem gesamten Verkaufserlös entspricht.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die zur Einkommensteuer zusammen veranlagten Eheleute nahmen zur Finanzierung ihres selbst genutzten Einfamilienhauses ein dinglich durch das Grundstück gesichertes Darlehen von 210.000 DM auf. Im Streitjahr veräußerten sie das Haus für 485.000 DM und verwandten den Kaufpreis in Höhe von 299.325 DM für die Anschaffung zweier Eigentumswohnungen. Das noch in Höhe von 190.794,08 DM valutierte Darlehen tilgten die Kläger nicht. Sie führten den Darlehensvertrag fort und sicherten die Restschuld dinglich durch die Eigentumswohnungen.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie die Schuldzinsen aus dem Darlehen im Zusammenhang mit der Vermietung ihrer Eigentumswohnungen in vollem Umfang als Werbungskosten geltend. Das FA und das FG setzten dagegen nur 300/485 der Aufwendungen an, weil die Zinszahlungen nur insoweit als Werbungskosten abziehbar seien, als der Verkaufserlös des Einfamilienhauses zur Anschaffung der Eigentumswohnungen verwandt worden sei. Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidung
Der BFH hat die FG-Entscheidung bestätigt. Da der Verkaufserlös für das fremdfinanzierte Haus nur zu einem Bruchteil für den Erwerb weiterer – der Einkünfteerzielung dienenden – Immobilien verwendet worden sei, könnten die nach Veräußerung entstandenen Darlehenszinsen lediglich anteilig entsprechend dem für den Immobilienerwerb verwendeten Bruchteil bei den Werbungskosten berücksichtigt werden.
Hinweis
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen (und sonstige Kreditkosten) als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften – im vorliegenden Fall von solchen aus Vermietung und Verpachtung – tatsächlich verwendet worden ist, z.B. zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein der Einkünfteerzielung dienendes Gebäude.
Dabei muss der wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen bestehen. Ein solcher Zusammenhang besteht z.B. dann, wenn ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Grundstück veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zweck der Einkünfteerzielung eingesetzt wird.
2.Mit der Veräußerung des Grundstücks erfährt das Darlehen eine Zweckänderung und tritt in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle des Grundstücks getretenen Veräußerungserlös (sog. Surrogationsbetrachtung). Danach kann nur derjenige Teil der Schuldzinsen für ein zur Einkünfteerzielung aufgenommenes Darlehen, der auf die Finanzierung eines an die Stelle des veräußerten Einkünfteerzielungsobjekts getretene neue Einkünfteerzielungsobjekt entfällt, als Werbungskosten abgezogen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.4.2003, IX R 36/00