Der Grundsatz "Verbrechen dürfen sich nicht lohnen" wurde durch die umfassende Reform des Vermögensabschöpfungsrechts im Jahr 2017 nachhaltig gestärkt. Ziel dieser Reform war es, die Einziehung illegal erlangter Vermögenswerte zu erleichtern und Opfern von Straftaten schneller Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Unter Vermögensabschöpfung versteht man heute die in den §§ 73 bis 76b des Strafgesetzbuches (StGB) geregelte staatliche Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt wurden.
Mit der Reform des Rechts der Vermögensabschöpfung ging auch eine Anpassung der Terminologie einher. Früher wurde im Strafrecht zwischen den Begriffen "Verfall" und "Einziehung" unterschieden. Der Verfall bezog sich auf die Abschöpfung von Gewinnen, die ein Täter durch seine rechtswidrigen Taten erzielt hatte. Die Einziehung hingegen bezog sich auf die Sicherstellung von Tatwerkzeugen und den durch die Tat hervorgebrachten Gegenständen.
Diese Unterscheidung wurde mit der Neuregelung aufgehoben, um das Verfahren zu vereinfachen und insgesamt effektiver zu gestalten. Heute spricht man allgemein von "Einziehung", die nun beide Aspekte umfasst: sowohl die Sicherstellung der Tatmittel als auch die Entziehung der durch die Straftat erlangten Vermögenswerte. Diese Vereinheitlichung der Terminologie spiegelt die moderne Ausrichtung des Rechts wider, das die wirtschaftliche Dimension der Kriminalität stärker in den Vordergrund rückt. Ziel der Reform ist es, Straftäter finanziell zu treffen und gleichzeitig die Effizienz der Strafverfolgung zu steigern, indem die Strafverfolgungsbehörden schneller und umfassender Vermögenswerte sicherstellen können und die Opfer von Straftaten besser entschädigt werden. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Erweiterte Einziehung: Definition
Durch die Reform des Vermögensabschöpfungsrechts wurde die Vorschrift zur erweiterten Einziehung erheblich ausgeweitet und inhaltlich angepasst (§ 73a StGB). Ursprünglich war die erweiterte Einziehung auf bestimmte Katalogstrafen beschränkt, wie z. B. Bandendelikte oder die Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen. Mit der Reform entfällt diese Einschränkung: Die erweiterte Einziehung kann nun auf alle rechtswidrigen Taten angewendet werden, sofern das Gericht überzeugt ist, dass der Vermögensgegenstand aus einer Straftat stammt. Diese Erweiterung stärkt die Effektivität der Strafverfolgung, indem sie den staatlichen Zugriff auf unrechtmäßig erlangte Vermögenswerte umfassend ermöglicht, unabhängig von der Art der zugrundeliegenden Straftat.
Selbstständige Einziehung: Definition
Das Gericht kann nunmehr selbständig die Einziehung des Taterlangten anordnen, wenn das subjektive Verfahren gegen den Täter wegen eines Verfolgungs- oder Verurteilungshindernisses nicht durchgeführt werden kann. Die Einziehung ist auch dann möglich, wenn die Straftat bereits verjährt ist.
Einziehung bei Drittbegünstigten
Die Einziehung von Vermögenswerten kann auch bei Personen erfolgen, die durch die Tat bereichert wurden, ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein. Im Strafgesetzbuch sind 3 zentrale Fallkonstellationen geregelt.
- Vertretungsfall (§ 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB): In diesem Fall erlangt ein Dritter durch die Handlung des Täters einen Vorteil. Diese Regelung birgt besonders für Unternehmen ein neues Risiko, da viele Straftaten innerhalb eines Unternehmens dieses ebenfalls begünstigen können. Durch die Neureglung können Vermögenswerte auch von Unternehmen abgeschöpft werden, wenn sie indirekt von der Straftat profitieren.
- Verschiebungsfall (§ 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB): Hierbei verschiebt der Täter das ursprünglich für sich selbst Erlangte auf einen Dritten. Dies kann auf 3 Wegen geschehen: unentgeltlich (etwa durch Schenkung), ohne Rechtsgrund (z. B. durch Verkauf an einen Hehler) oder entgeltlich (z. B. durch einen regulären Kaufvertrag an einen Dritten). Diese Fallgestaltung ermöglicht es, auch dann eine Einziehung vorzunehmen, wenn der Vermögensvorteil bereits weitergegeben wurde.
- Erbfall (§ 73b Abs. 1 Nr. 3 StGB): Letztlich gibt es den Erbfall, bei dem der Tatertrag nach dem Tod des Täters an einen Erben übergeht. Auch hier kann die Einziehung erfolgen, sodass der unrechtmäßig erlangte Vorteil nicht durch Erbschaft erhalten bleibt.
Stärkung der Opferentschädigung
Die durch eine Straftat Geschädigten müssen ihre Ansprüche gegen den Täter nicht zwingend auf dem Zivilrechtsweg geltend machen oder einen Vollstreckungstitel erwirken. Soweit noch Vermögenswerte aus der Tat vorhanden sind, werden diese eingezogen und nach Rechtskraft des Urteils direkt an die Geschädigten zurückgegeben. Kann das ursprünglich Erlangte wegen seiner Beschaffenheit oder aus anderen Gründen nicht mehr eingezogen werden, wird auf den Wert des Erlangten zurückgegriffen. Die Regelung zur Wertersatzeinziehung spielt in der Praxis eine zentrale Rolle, da das ursprünglich erlangte Vermögen oft nicht mehr auffindbar ist. Die Neuregelung verbessert die Position der Geschädigten erheblich, indem sie eine...