Leitsatz
1. Sind wiederkehrende Barleistungen in einem vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag vereinbart worden, stellen sie dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind.
2. Eine Abänderbarkeit der Leistungen kann trotz eines teilweisen Ausschlusses der Übernahme des pflegebedingten Mehrbedarfs gegeben sein. Es reicht aus, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der bis 2016 geltenden Pflegestufe 1 bzw. des ab 2017 geltenden Pflegegrades 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege oder der Kosten für die externe Pflege verpflichtet hat.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F., §§ 133, 157 BGB, § 118 Abs. 2 FGO, § 323 ZPO
Sachverhalt
Der Kläger erhielt 2004 von seinen Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Neben der Einräumung eines Wohnrechts für bestimmte Räume und der Übernahme der damit verbundenen Kosten verpflichtete er sich, seinen Eltern monatlich 1.000 EUR zu zahlen. Wegen der Abänderbarkeit der Leistungen wurde auf § 323 ZPO Bezug genommen. Lediglich die Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern, die durch den Wegzug aus ihrer Wohnung bedingt sind, sollten außer Betracht bleiben. Warte und Pflege durch den Kläger selbst sollten zunächst nicht vereinbart werden, wurden aber in einer Folgevereinbarung im Jahr 2011 ausgeschlossen.
Das FA behandelte die monatlichen Zahlungen von 1.000 EUR als Leibrente und sah nur den Ertragsanteil von 20 % als steuermindernd an. Die Klage hatte Erfolg (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.7.2020, 3 K 1959/18, Haufe-Index 14181144, EFG 2020, 346). Mit der Revision machte das FA geltend, der Verzicht auf eine Vereinbarung der Warte und Pflege beinhalte einen umfassenden Ausschluss der Anpassung infolge eines Mehrbedarfs in persönlicher und finanzieller Hinsicht, sodass keine dauernde Last vorliege.
Entscheidung
Aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen war der BFH der Ansicht, das FG habe zu Recht entschieden, dass die Barleistungen des Klägers an seine Eltern als dauernde Last abziehbar seien. Die Anpassung der Leistungen wegen eines Mehrbedarfs der Eltern infolge einer häuslichen Pflege sei nicht ausgeschlossen gewesen.
Hinweis
Die gesetzlichen Regelungen zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen wurden ab 2008 umfassend geändert. Seitdem entfällt u.a. die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen dauernden Lasten und Rentenleistungen.
Diese Abgrenzung ist indes in den Altfällen weiterhin von großer Bedeutung, wie der Besprechungsfall zeigt. Die in der Praxis häufig vorkommende Einschränkung der Anpassung der Leistungen des Vermögensübernehmers bei einem pflegebedingten Mehrbedarf des Vermögensübergebers bereitet Schwierigkeiten. Es ist von den folgenden Grundsätzen auszugehen:
1. Bei der Abgrenzung zwischen Leibrenten und dauernden Lasten ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht nur auf die vereinbarten Barleistungen, sondern auf die gesamten vereinbarten Versorgungsleistungen abzustellen. So kann beispielsweise der Ausschluss der Abänderbarkeit der Höhe der wiederkehrenden Barleistungen aufgrund eines bestimmten Mehrbedarfs dadurch kompensiert werden, dass sich der Übernehmer zu anderen Versorgungsleistungen verpflichtet, durch die die Entstehung eines zusätzlichen Finanzbedarfs bei dem Übergeber ganz oder teilweise vermieden wird.
2. Ein vollständiger Ausschluss der Abänderbarkeit infolge eines pflegebedingten Mehrbedarfs führt zur Beurteilung der Versorgungsleistungen als bloße Leibrente und damit zur Berücksichtigung der Leistungen lediglich mit dem Ertragsanteil.
3. Die Annahme einer in vollem Umfang zu berücksichtigenden dauernden Last wird aber nicht ausgeschlossen, wenn die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs eingeschränkt wird. Das Erfordernis einer umfassenden Abänderbarkeit der Höhe der wiederkehrenden Barleistungen kann weder aus der "Rechtsnatur" der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen noch aus der "Herkunft" dieses Instituts aus dem bürgerlich-rechtlichen Altenteils- bzw. Leibgedingsvertrag abgeleitet werden.
4. Es ist aber notwendig, dass die weiterhin bestehenden Leistungsverpflichtungen des Vermögensübernehmers in Bezug auf den pflegebedingten Mehraufwand ein solches Ausmaß haben, dass für die Anwendung der vereinbarten Abänderungsklausel noch ein relevanter Bereich verbleibt.
5. Hierfür genügt es, wenn der Mehrbedarf wegen (dauernder) Pflegebedürftigkeit im Versorgungsvertrag wenigstens über einen der drei möglichen Durchführungswege der Pflege abgedeckt wird. Es ist ausreichend, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder
- zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der alten Pflegestufe 1 bzw. des neuen Pflegegrades 2) oder
- zur Übernahme von zusätzlichen Kosten für die häusliche Pflege in entsprechendem Mindestumfang oder
- zur Übernahme der im Rahmen einer externen Pflege der Übergeber entstehenden Kosten in vergleichbar...