3.1 Unabhängigkeit der Geschäftspartner
Rz. 8
Zentrale Merkmale des Fremdvergleichs. Der Fremdvergleichsgrundsatz ist der zentrale Angemessenheits- und Korrekturmaßstab für internationale Verrechnungspreise. Hiernach ist ein Entgelt für eine gruppeninterne Lieferung oder Leistung unangemessen, wenn es von dem abweicht, was "unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten". Als die 2 dominanten Merkmale des Fremdvergleichs sind dabei die Unabhängigkeit der Geschäftspartner (Unternehmen) und die Vergleichbarkeit der Verhältnisse anzusehen. Das erste Merkmal steht für den Wortbestandteile "Fremd-", das zweite Merkmal für den Wortbestandteil "-vergleich". Die Wahl des Verfahrens zur Ermittlung von Vergleichstatbeständen bei der Beurteilung der Angemessenheit von Verrechnungspreisen ist allein davon abhängig, wie sich im konkreten Einzelfall die beiden charakteristischen Merkmale des Fremdvergleichs – Unabhängigkeit der Geschäftspartner einerseits, Vergleichbarkeit der Verhältnisse andererseits – darstellen.
Rz. 9
Tatsächliche und fiktive Unabhängigkeit. Im Rahmen des Merkmals der Unabhängigkeit der Geschäftspartner ist zwischen tatsächlicher und fiktiver Unabhängigkeit zu unterscheiden. Von tatsächlicher Unabhängigkeit ist auszugehen, wenn eine Einflussnahme auf das Entscheidungsverhalten der einzelnen Geschäftspartner, die über den aus der Geschäftsbeziehung selbst entstehenden Einfluss hinausgeht, ausgeschlossen ist. Fiktive Unabhängigkeit als Hilfsmaßstab in den Fällen, in denen keine Geschäftsvorfälle zwischen tatsächlich Unabhängigen festgestellt werden können, wird demgegenüber hergestellt, indem ein Vergleichsunternehmen fingiert wird, das seine unternehmenspolitischen und betrieblichen Entscheidungen nur nach Maßgabe seiner originären Zielfunktion trifft. Hierbei wird dasselbe unternehmerische Entscheidungsfeld wie dasjenige des abhängigen Unternehmens unterstellt, sodass Einzelentscheidungen über Art, Umfang und Bewertung des Leistungsaustausches allein durch die Vorteilhaftigkeitsüberlegungen autonomer Entscheidungsträger bestimmt werden.
3.2 Vergleichbarkeit der Verhältnisse
Rz. 10
Kriterien der Vergleichbarkeit. Neben der Unabhängigkeit der Geschäftspartner besteht das zweite Merkmal des Fremdvergleichs in der Notwendigkeit einer Vergleichbarkeit der Verhältnisse. Dazu gehört sowohl die Betrachtung der einzelnen Leistung bzw. des einzelnen Geschäfts, als auch die Berücksichtigung aller Umstände, die auf das einzelne Geschäft einwirken können. Letztlich hat damit die Durchführung eines Fremdvergleichs ihren Ausgangspunkt in einem Vergleich der konzerninternen Leistungsbeziehung mit potenziellen Referenztransaktionen unabhängiger Unternehmer im Hinblick darauf, ob diese unter gleichen oder zumindest vergleichbaren Bedingungen zustande gekommen sind. Die Vergleichbarkeitsprüfung setzt die Existenz eines Kriterienkatalogs voraus, anhand dessen zu beurteilen ist, ob und inwieweit die gesetzliche Forderung nach gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen erfüllt ist. Nach Auffassung der Rechtsprechung, der OECD und der deutschen Finanzverwaltung ist eine Vergleichbarkeit der Verhältnisse immer dann gegeben, wenn sich die Vergleichstatbestände nach ihrer Art, ihren Merkmalen, ihrem Umfang und den maßgeblichen Markt- bzw. Branchenverhältnissen entsprechen. Konkretisiert man diese eher allgemeine Feststellung, so sind in Anlehnung an Rz. 3.19 VWG VP sowie Tz. 1.36 ff. und Tz. 1.42 ff. OECD-Leitlinien insbesondere folgende Faktoren für die Vergleichbarkeitsprüfung heranzuziehen:
- die Produkteigenschaften übertragener oder überlassener Vermögenswerte oder erbrachter Dienstleistungen;
- die von den einzelnen am Geschäftsvorfall beteiligten Unternehmen ausgeübten Funktionen unter Berücksichtigung der genutzten Vermögenswerte und übernommenen Risiken, einschließlich (i) der Zusammenhänge zwischen diesen Funktionen und der allgemeinen Wertschöpfung der multinationalen Unternehmensgruppe, der die Beteiligten angehören, (ii) der Begleitumstände des Geschäftsvorfalls und (iii) der branchenüblichen Gepflogenheiten (Funktions- und Risikoanalyse);
- die vertraglichen Bedingungen, die dem Geschäftsvorfall zugrunde liegen, soweit diese dem tatsächlichen Verhalten der an dem jeweiligen Geschäftsvorfall Beteiligten entsprechen;
- die wirtschaftlichen Verhältnisse der an dem Geschäftsvorfall Beteiligten und die Verhältnisse des für den Geschäftsvorfall relevanten Marktes, einschließlich Standortvorteilen sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen und
- die von den an dem Geschäftsvorfall Beteiligten verfolgten Geschäftsstrategien.
Rz. 11
Grad der Vergleichbarkeit. Vergleichbarkeit setzt im Unterschied zur Identität nicht voraus, dass die zu vergleichenden Verh...