5.2.1 Funktionsanalyse im Rahmen des Vertriebs
Rz. 59
Vertriebsformen. Für die Wahrnehmung von Vertriebsfunktionen kommen grundsätzlich die folgenden Vertriebsformen in Betracht:
- Eigenhändler (Vertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung),
- Kommissionär (Vertrieb im eigenen Namen und auf fremde Rechnung),
- Handelsvertreter (Tätigkeit im fremden Namen und auf fremde Rechnung).
Rz. 60
Merkmale eines Eigenhändlers. Der Eigenhändler übt die volle Vertriebsfunktion aus (sog. Fully-Fledged-Distributor). Er erwirbt von der konzerninternen Produktionsgesellschaft bzw. von externen Lieferanten das Eigentum an der Ware und verkauft diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an seine Kunden. Damit trägt er sowohl die Lager- als auch die Absatzrisiken des Vertriebs. Er verfügt ferner über weitgehende Dispositionsbefugnisse hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Vertriebspolitik. Diese betreffen z. B. die Bestimmung der Preispolitik, die Auswahl von lokalen Vertriebspartnern sowie die Durchführung eigener Werbekampagnen bzw. eigener Marktforschung. Die durch den Eigenhändler übernommenen Risiken korrespondieren i. d. R. mit den durch ihn ausgeübten Funktionen. So ist davon auszugehen, dass er neben den Vorrats-, Gewährleistungs- und Auslastungsrisiken des Vertriebs auch das Inkassorisiko sowie das Risiko fehlgeschlagener Geschäftsstrategien zu verantworten hat. Dagegen kann das Währungsrisiko – je nach Ausgestaltung des konzerninternen Vertriebsvertrages – sowohl durch die Vertriebs- als auch durch die Produktionsgesellschaft getragen werden. Ein wesentliches Risiko des Eigenhändlers ist dabei das Risiko zurückgehender Umsätze, die bei gleichbleibenden Fixkosten zu Verlusten führen können.
Rz. 61
Merkmale einer risikoarmen Vertriebsgesellschaft ("Low-Risk-Distributor"). Neben dem vorstehend dargestellten Fully-Fledged-Distributor existiert mit dem Low-Risk-Distributor ein weiteres Eigenhändlermodell. Diese Variante des Eigenhändlermodells unterscheidet sich hinsichtlich des Umfangs der vom Eigenhändler übernommenen Funktionen und Risiken, wobei der Funktions- und Risikoumfang des Low-Risk-Distributors wesentlich geringer ist als der des Fully-Fledged-Distributors. Der Low-Risk-Distributor ist dadurch gekennzeichnet, dass er nur geringe vertriebstypische Funktionen ausübt (neben der Akquisition und Auftragsbearbeitung erfolgt z. B. keine Lagerhaltung, keine Warenverteilung, kein Kundendienst, keine Marktforschung und kein Marketing; ferner fehlt die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Preispolitik) und folglich auch keine wesentlichen unternehmerischen Risiken trägt. Darüber hinaus ist er in aller Regel nicht Eigentümer des Kundenstamms und folglich als sog. Routineunternehmen einzustufen (Rz. 14).
Rz. 62
Kommissionär und Handelsvertreter. Im Gegensatz zum Eigenhändler wird nach den gesetzlichen Grundmodellen für einen Handelsvertreter (§ 84 HGB) und einen Kommissionär (§ 383 HGB) weder der Kommissionär noch der Handelsvertreter Eigentümer der vertriebenen Waren und Güter. Vom Eigenhändler unterscheiden sie sich infolgedessen in ihrem reduzierten Funktionsumfang. Dieser resultiert insbesondere daraus, dass beide Vertriebsformen im Innenverhältnis auf Rechnung des Prinzipals tätig werden. Letztlich tragen sie ein geringeres Vertriebsrisiko, sodass ihnen ein entsprechend geringerer Vertriebsgewinn zusteht. Der Handelsvertreter ist hierbei die funktionsschwächste und risikoärmste Alternative, da er neben der Akquisition von Kunden und der Auftragsbearbeitung i. d. R. keine weiteren Funktionen ausübt.
5.2.2 Verrechnungspreisermittlung
Rz. 63
Verrechnungspreise bei Eigenhändlern. Der Eigenhändler erwirbt Eigentum an den von ihm vertriebenen Produkten. Sein (Roh-) Gewinn ermittelt sich somit als Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis der vertriebenen Produkte. Der Verrechnungspreis wird im Falle des Eigenhändlermodells nach der Preisvergleichsmethode unter Berücksichtigung der Handelsstufe, nach der Wiederverkaufspreismethode oder nach der TNMM ermittelt. Nach Rechtsprechung des BFH sind Verrechnungspreise gegenüber Vertriebsgesellschaften regelmäßig nach der Wiederverkaufspreismethode zu ermitteln. Die Höhe der angemessenen EBIT-Marge des Eigenhändlers ist dabei vom Umfang der von ihm übernommenen Funktionen und Risiken sowie ...