Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Leitsatz
Im Hinblick auf die Eigenart der selbstständigen Arbeit, insbesondere das Abstellen auf die persönliche Betätigung, kann bei Teilen einer freiberuflichen Praxis die für die Annahme von Teilbetrieben erforderliche Selbstständigkeit nur dann angenommen werden, wenn sich die freiberufliche Arbeit entweder auf wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten in den Teilpraxen mit zugehörigen unterschiedlichen Kunden-(Patienten-)kreisen erstreckt (1. Fallgruppe), oder bei gleichartiger Tätigkeit in den Teilpraxen in voneinander getrennten örtlich abgegrenzten Bereichen ausgeübt wird (2. Fallgruppe).
Sachverhalt
Die Klägerin war mit einem weiteren Berufsträger im Streitjahr mit jeweils eigener Arztpraxis im Rahmen einer in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit jeweils hälftiger Beteiligung betriebenen Praxisgemeinschaft (GbR) selbstständig tätig. Die Klägerin war zusätzlich als Prüfärztin für Medikamentenstudien (Testung von noch nicht zugelassenen Medikamenten) selbstständig tätig (Prüfarzttätigkeit). Über die GbR erfolgte der wirtschaftliche Betrieb der beiden Arztpraxen, insbesondere die Anmietung und Einrichtung der Praxisräume sowie die Einstellung des Personals.
Im Streitjahr veräußerte die Klägerin ihre Arztpraxis und ihren Hälfteanteil an der GbR an einen Berufskollegen, der die bisherige Gemeinschaftspraxis fortführte. Die Prüfarzttätigkeit der Klägerin war von den Regelungen des Veräußerungsvertrags ausdrücklich ausgenommen. Nach dem Verkauf erzielte die Klägerin
- Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus in der vom Erwerber (weiter-)geführten Praxis Praxis als angestellte Ärztin sowie
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus ihrer weiterhin in den Räumlichkeiten der GbR ausgeübten Prüfarzttätigkeit.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin u.a.
aus der Veräußerung ihrer Praxis einen Veräußerungsgewinn, welcher nach § 34 Abs. 3 EStG ermäßigt besteuert werden sollte. Das Finanzamt veranlagte insoweit erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte das Finanzamt u.a. zu dem Ergebnis, dass der Veräußerungsgewinn der Klägerin nicht ermäßigt gem. § 34 Abs. 3 EStG, sondern als laufender Gewinn zu besteuern sei. Die Klägerin habe zwar mit ihren jeweils selbständig ausgeübten Tätigkeiten als Ärztin sowie als Prüfärztin zwei verschiedenartige Tätigkeiten ausgeübt. Es läge im Hinblick auf die Praxis der Klägerin aber kein eigener und entsprechend steuerlich begünstigt veräußerbarer Teilbetrieb vor.
Das Finanzamt erließ insoweit einen geänderten Einkommensteuerbescheid, gegen den die Klägerin fristgerecht Einspruch erhob. Sie führte an, dass die vorliegende Veräußerung der Praxis als tarifbegünstigte Teilbetriebsveräußerung zu beurteilen sei. Die von ihr fortgeführte Prüfarzttätigkeit stehe dem nicht entgegen, da mit der Arztpraxis bzw. der Prüfarzttätigkeit zwei wesensverschiedene und organisatorisch getrennt voneinander ausgeübte Tätigkeiten vorgelegen hätten. Den Probanden seien ihre jeweiligen Termine jeweils ausschließlich und ohne Einbindung des von der jeweiligen GbR beschäftigten Personals unmittelbar von der Klägerin bzw. der von ihr unterbeauftragten E (als "Co-Investigator") mitgeteilt worden. Die Probanden hätten ausschließlich den ebenfalls ausschließlich für die Prüfarzttätigkeit genutzten Raum (Prüfarztzimmer) in der Praxis Klägerin genutzt und seien "teilweise" nicht auch Patienten in der Praxis Klägerin gewesen. Im Zusammenhang mit der Prüfarzttätigkeit seien die Versichertenkarten der Probanden nicht eingelesen worden.
Im Zusammenhang mit ihrer Prüfarzttätigkeit seien zwei Mitarbeiterinnen nichtselbstständig beschäftigt worden; diese seien jeweils im Zeitraum zwischen 18:00 und 24:00 Uhr tätig gewesen. Die Personalkosten im Zusammenhang mit der Prüfarzttätigkeit nichtselbstständig beschäftigten Mitarbeiterinnen seien allerdings offensichtlich bei der Praxis Klägerin verbucht worden.
Überdies habe die Klägerin jeweils getrennte Gewinnermittlungen für ihre beiden ärztlichen Tätigkeiten durchgeführt. Hierbei sei allerdings zu beachten, dass im Gegensatz zu den Betriebseinnahmen hinsichtlich der Betriebsausgaben es nicht mehr möglich sei, eine nachvollziehbare Zuordnung zu der Arztpraxis einerseits und der Prüfarzttätigkeit andererseits zu dokumentieren; dies gelte auch im Hinblick auf die Zahlung der durch die Prüfarzttätigkeit verursachten - geringen - Betriebsausgaben. Trotz dieser "Nachweisprobleme auf der Betriebsausgabenseite lägen für beide Tätigkeiten separat erstellte Gewinnermittlungen vor."
Im Übrigen handele es sich bei den Probanden und dem Patientenstamm Klägerin wesensverschiedene und ohne weiteres voneinander zu trennende Personengruppen.
Der Einspruch der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt verwies in der Einspruchsbegründung im Wesentlichen darauf, dass die Veräußerung der Praxis der Klägerin nicht die Voraussetzungen einer lediglich nach dem ermäßigten Steuersatz z...