Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Ein Versicherungsbüro im Dachgeschoss einer selbst bewohnten Doppelhaushälfte ist als häusliches Arbeitszimmer anzusehen, wenn es nur über das gemeinsame Treppenhaus betreten werden kann.
Sachverhalt
Die zusammenveranlagten Eheleute bewohnten eine Doppelhaushälfte, die im Eigentum der Ehefrau stand. Sie vermietete das Dachgeschoss des Hauses an ihren Ehemann, der von dort seine Versicherungsagentur betrieb, der allerdings zeitweise noch ein weiteres (externes) Büro unterhielt.
Der Ehemann machte die monatliche Warmmiete für das Dachgeschoss in Höhe von 358 EUR als Betriebsausgaben seiner Agentur geltend. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass das Dachgeschoss ein häusliches Arbeitszimmer ist und demnach die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG zu beachten sind. In Jahren mit fehlendem Alternativarbeitsplatz könnten die Raumkosten daher nur beschränkt mit 1.250 EUR als Betriebsausgaben abgezogen werden. In den Zeiten, in denen der Mann zeitgleich noch über ein weiteres Büro verfügt hatte, greife zudem ein Abzugsverbot für die Raumkosten.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass das Dachgeschoss ein häusliches Arbeitszimmer ist und die Kosten daher zu Recht den Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG unterworfen wurden.
Als häusliches Arbeitszimmer ist ein Arbeitsraum zu werten, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre eingebunden ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Raum zur privat genutzten Wohnung (bzw. zum Wohnhaus) gehört. Die Häuslichkeit bestimmt sich einzelfallabhängig nach der Frage, ob der Raum dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre zugeordnet werden kann. Bei der Entscheidung, ob ein Raum noch der häusliche Sphäre zugeordnet werden kann, spielt auch eine Rolle, ob dort fremdes Personal beschäftigt ist oder reger Publikumsverkehr herrscht (= Indizien gegen die häusliche Einbindung).
Das Büro im Urteilsfall ist als häusliches Arbeitszimmer zu werten, da es über keinen eigenen Hauseingang verfügte, sondern nur über das gemeinsame Treppenhaus zugänglich war, über das auch die Privaträume zu erreichen waren. Für die Einbindung des Raumes in die häusliche Sphäre spricht zudem, dass die Stromkreise von Büro und Privaträumen nicht getrennt waren und das Bad im Dachgeschoss privat mitgenutzt wurde. Die Beschäftigung fremden Personals und die Intensität des Publikumsverkehrs konnten den Raum nicht der häuslichen Sphäre "entziehen". Denn das Personal war allenfalls stundenweise im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung im Dachgeschoss tätig gewesen; auch lag kein intensiver Publikumsverkehr vor, da der Ehemann seinen Kunden hauptsächlich Hausbesuche abgestattet hatte.
Hinweis
Die Unterscheidung zwischen häuslichen Arbeitszimmern und Betriebsräumen ist aus steuerlicher Sicht höchst relevant. Während die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer den Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG unterliegen (grundsätzliches Abzugsverbot der Kosten; Höchstbetrag von 1.250 EUR nur bei fehlendem Alternativarbeitsplatz; unbeschränkter Kostenabzug nur bei Tätigkeitsmittelpunkt im Arbeitszimmer), können die Kosten für Betriebsräume steuerlich grundsätzlich unbeschränkt abgezogen werden.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 11.10.2012, 10 K 1018/10