Leitsatz
Die Leistung der Kaskoversicherung wegen Diebstahls eines zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw ist zumindest im Umfang der betrieblichen Nutzung auch dann Betriebseinnahme, wenn der Diebstahl während des Parkens vor der Wohnung des Betriebsinhabers und vor einer geplanten Privatfahrt begangen wurde. Ob ein Anteil in Höhe des privaten Nutzungsanteils als Privateinnahme anzusehen ist, bleibt offen.
Normenkette
§ 4 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Einem Rechtsanwalt wurde Ende 1997 der zum Betriebsvermögen gehörende Pkw gestohlen. Das Fahrzeug war nach der Heimfahrt von der Kanzlei vor dem Wohnhaus abgestellt worden, weil der Anwalt am nächsten Morgen eine Privatfahrt unternehmen wollte. Anfang 1998 zahlte die Kaskoversicherung.
Der Anwalt ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Deshalb behandelte das FA die Versicherungsleistung als Betriebseinnahme des Jahrs 1998. Der Anwalt war der Meinung, es liege keine Betriebseinnahme vor, weil der Pkw aus dem Privatbereich gestohlen worden sei.
Das FG gab der Klage nur insoweit statt, als es die Versicherungsleistung in Höhe des privaten Nutzungsanteils des Pkw als private Einnahme behandelte.
Entscheidung
Die Revision des Anwalts hatte keinen Erfolg.
Hinweis
1. Wird ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens beschädigt, gehört die Schadenersatzleistung zu den Betriebseinnahmen. Dementsprechend kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Versicherungsleistung zur Abdeckung eines Unfallschadens, der während einer betrieblichen Fahrt an einem Betriebsfahrzeug eingetreten ist, als Betriebseinnahme zu behandeln ist. Der Einnahme steht eine Betriebsausgabe durch die Abschreibung für außergewöhnliche Abnutzung gegenüber. Im Fall eines Totalschadens werden ggf. vorhandene stille Reserven dadurch aufgedeckt und sind vom Unternehmer zu versteuern.
Tritt der Schaden auf einer Privatfahrt ein, ergeben sich dadurch Probleme, dass die Privatfahrt zu einer Nutzungsentnahme führt, die wohl auch die Wertminderung beinhaltet. Über die Frage, wie bei einem Totalschaden zu verfahren ist, wird noch diskutiert. Der VIII. Senat des BFH hat über einen solchen Fall demnächst zu entscheiden (VIII R 48/98). Eine Vorlage an den Großen Senat des BFH (Beschluss vom 23.1.2001, BStBl II 2001, 395), in der er die Auffassung vertreten hatte, es liege eine Sachentnahme vor, hat er kürzlich wieder zurückgezogen (Beschluss vom 14.10.2003). Wenn man von einer Sachentnahme ausgeht, also stille Reserven im Zeitpunkt des Unfalls durch Entnahme aufdeckt, muss die Versicherungsentschädigung zum Privatvermögen gehören, wäre dann also keine Betriebseinnahme.
2. Wird das Wirtschaftsgut nicht total zerstört, sondern entwendet, müssten die Rechtsfolgen an sich identisch sein. Wird das Betriebsfahrzeug also während einer Betriebsfahrt gestohlen, ist die Versicherungsleistung Betriebseinnahme. Bei Diebstahl während einer Privatfahrt hängt die Behandlung der Versicherungsentschädigung davon ab, ob der Totalverlust als privat veranlasst angesehen wird, und wenn ja, ob eine Nutzungs- oder Sachentnahme vorliegt. Die Frage ist vom BFH noch nicht geklärt. M.E. bleibt der betriebliche Zusammenhang bestehen, denn unabhängig vom Anlass der Fahrt wird ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens entwendet, so dass die Entschädigungsleistung ebenfalls zum Betriebsvermögen gehört.
3. Im Besprechungsfall wurde das Fahrzeug allerdings weder während einer Betriebsfahrt noch während einer Privatfahrt entwendet. Das Abstellen eines betrieblichen Pkws rechnet der BFH grundsätzlich nicht zu den privaten Nutzungszeiten. Ob eine Ausnahme zu machen ist, wenn das Fahrzeug während einer Urlaubsreise abgestellt wird, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen.
4.Ungeklärt ist auch die Frage, wie sich der private Nutzungsanteil auswirkt, wenn stille Reserven eines teils privat genutzten Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens realisiert werden. Im Besprechungsfall hatte das FG die Versicherungsentschädigung in Höhe des privaten Nutzungsanteils nicht als Betriebseinnahme behandelt. Da nur der Steuerpflichtige, aber nicht das FA Revision eingelegt hatte, war dieser Punkt vom BFH nicht zu überprüfen.
Die Frage hat aber erhebliche Bedeutung. Denn sie spielt bei jeder Veräußerung, Entnahme oder Ersatzleistung für Zerstörung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts eine Rolle. Entgegen der wohl herrschenden Praxis fordert eine im Vordringen befindliche Meinung, in Höhe des privaten Nutzungsanteils dürfe keine Besteuerung stiller Reserven stattfinden. Denn insoweit habe sich die Abschreibung nicht gewinnmindernd ausgewirkt. Zum Teil wird diese Auffassung nur für den Fall der Zerstörung des Wirtschaftsguts vertreten (so z.B. Schmidt/Heinicke, EStG, 22. Aufl. 2003, § 4 Rz. 208ff.).
Im Ansatz erscheint die Argumentation überzeugend, allerdings m.E. nur, wenn alle Fälle der Aufdeckung stiller Reserven einbezogen werden. In der praktischen Anwendung bereitet diese Theorie aber Schwierigkeiten. Wie soll etwa ein Fall behandelt werden, in dem der private Nutzu...