Die Schlechterfüllung eines Vertrages erfasste das frühere Schuldrecht mit dem Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung, soweit nicht die kauf- oder werkvertragliche Mängelgewährleistung einschlägig war.
Betroffen waren
- Gewährleistungsfälle in anderen Vertragsformen als Kauf- oder Werkvertrag
- von der kauf- oder werkvertraglichen Mängelgewährleistung nicht erfasste Mangelfolgeschäden (im Werkvertragsrecht: "entfernte Mangelfolgeschäden") sowie
- die Folgen der Verletzung leistungs- oder nicht leistungsbezogener Nebenpflichten.
In all diesen Fällen liegt seit der Schuldrechtsreform eine Pflichtverletzung des Schuldners vor, die nach §§ 280 ff. BGB zum Schadensersatz verpflichten kann. Für den Fall der Nebenpflichtverletzung stellt § 241 Abs. 2 BGB klar, dass auch insoweit das Schuldverhältnis verletzt wird.
3.5.1 Schadensersatz
§ 280 Abs. 1 BGB gibt dem Gläubiger einen Anspruch auf Schadensersatz, wo immer der Schuldner schlecht leistet und damit "eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt", es sei denn, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Unerheblich ist insoweit, ob eine Haupt- oder eine Nebenpflicht verletzt wurde. Das notwendige Verschulden des Schuldners wird widerleglich vermutet; die Beweislast für ein fehlendes Vertretenmüssen liegt mithin beim Schuldner.
3.5.2 Anspruchsgrundlagen
Alle genannten Fälle des Zurückbleibens der Leistung hinter dem vertraglich Geschuldeten können einen Schadensersatzanspruch begründen. Dabei sind wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen folgende Fälle der Schlechterfüllung zu unterscheiden:
Fälle der Schlechterfüllung |
Schadensersatzanspruch |
Das gekaufte Schmieröl entspricht nicht der vertraglich vereinbarten Spezifikation. |
Nach erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz statt der Leistung geltend machen, es sei denn, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. |
Bei der Anlieferung der Ware per LKW wird das Hallentor des Kunden beschädigt. |
Der Kunde kann Ersatz des entstandenen Schadens verlangen, es sei denn, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. |
Weil das gekaufte Schmieröl nicht der vertraglich vereinbarten Spezifikation entspricht, werden die damit geschmierten Maschinen des Kunden beschädigt. |
Der Kunde kann Ersatz des an den Maschinen entstandenen (Mangelfolge-) schadens verlangen, es sei denn, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. |
Die Mitarbeiter des beauftragten Handwerkers beschädigen fortlaufend und nachhaltig das Mobiliar des Bestellers. |
Der Kunde kann Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist, es sei denn, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. |
Vom Schadensersatz "statt der ganzen Leistung" spricht das Gesetz in den Fällen der mangelhaften Hauptleistung, des teilweisen Verzuges und der teilweisen (anfänglichen oder nachträglichen) Unmöglichkeit, in denen der Gläubiger ungeachtet des bereits quantitativ oder qualitativ vertragsgemäß Geleisteten die ganze Leistung in den Schadensersatz einbeziehen möchte.
Ein solcher "großer Schadensersatz", der auch die "gesunden" Leistungsteile mit umfasst ist – ebenso wie der Rücktritt vom Vertrag- nur unter einschränkenden Voraussetzungen möglich: Der Anspruch verlangt neben der vorherigen, erfolglosen Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung in den Fällen des § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB,
- bei einer vom Schuldner bereits erbrachten Teilleistung, dass der Gläubiger an der Teilleistung kein Interesse hat,
- bei einer Schlechtleistung, dass die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist.
3.5.3 Ersatz vergeblicher Aufwendungen
"Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung" kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte.
Solche Aufwendungen sind kein Schaden im Sinne der vorgenannten Ansprüche, da sie sich weder als Folge der Pflichtverletzung darstellen, noch im Falle der mangelfreien Leistung unterblieben wären. Nur ausnahmsweise stellen sie einen Schaden dar, wenn der Gläubiger bei Erfüllung des Vertrages Vorteile erlangt hätte, die seine Aufwendungen ausgeglichen hätten. Ist eine solche Vorteilserlangung und damit ein Schaden nicht anzunehmen, gewährt § 284 BGB gleichwohl einen Ersatzanspruch. Grund ist, dass die Aufwendungen für den Gläubiger nutzlos ( "frustriert") sind, da die Leistung, in Erwartung derer sie getätigt wurden, ausbleibt. Ob der mit diesen Aufwendungen verfolgte Zweck ein wirtschaftlicher, ideeller oder konsumtiv...