Auch die Annahme eines Angebots ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die grundsätzlich entweder schriftlich, mündlich oder auch konkludent abgegeben werden kann.

 

Konkludente Annahme

Nutzt jemand die öffentlichen Verkehrsmittel, so wird durch das Einsteigen konkludent das Beförderungsangebot angenommen und ein Vertrag geschlossen.

1.2.1 Inhalt, Abgabe und Zugang der Annahme

Da der Annehmende durch die Annahme sein Einverständnis mit dem Angebot kundgibt, muss er die Annahmeerklärung in Bezug auf das Angebot abgeben, d. h., sie muss inhaltlich mit dem Angebot übereinstimmen. Die Annahme muss gegenüber dem Antragenden erklärt werden und innerhalb der Annahmefrist zugehen. Diese entspricht der Dauer der Bindungsfrist für das Angebot (s. Tz. 1.1.4).

1.2.2 Ausnahme 1: Annahme eines Angebots durch Schweigen eines Kaufmanns

Unter Kaufleuten besteht ein Geschäftsgebrauch, geregelt in § 362 HGB[2], wonach ein Kaufmann, der von einem anderen Kaufmann, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, ein Angebot erhält, verpflichtet ist, dieses unverzüglich ausdrücklich abzulehnen, wenn er es nicht annehmen will. Antwortet er nicht, gilt gem. § 362 HGB sein Schweigen als Annahme des Angebots.

[2] Das HBG regelt das Sonderrecht der Kaufleute und gilt für diese neben dem BGB.

1.2.3 Ausnahme 2: Annahme eines Angebots durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Im Geschäftsverkehr ist es auch üblich, dass eine Partei (oder beide Parteien) bereits mündlich getroffene Vertragsabreden, aber auch sonstige Vereinbarungen, nachfolgend in einem sogenannten kaufmännischen Bestätigungsschreiben, das Beweiszwecken dient, schriftlich bestätigt. Es entspricht einem Handelsbrauch[3], dass der Empfänger eines solchen kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Nimmt der Empfänger das Bestätigungsschreiben widerspruchslos hin, kommt der Vertrag mit diesem durch sein Schweigen bestätigten Inhalt zustande. Diese Grundsätze können ausnahmsweise auch für geschäftsgewandte Nichtkaufleute gelten, wenn sie "wie Kaufleute" am Geschäftsverkehr teilnehmen, also eine entsprechende Betriebsorganisation aufweisen und die kaufmännischen Verkehrssitten kennen.

Abzugrenzen ist das kaufmännische Bestätigungsschreiben von einer bloßen Auftragsbestätigung, wobei hier nicht die äußere Bezeichnung entscheidend ist, sondern das, was inhaltlich mit dem Schreiben zum Ausdruck gebracht werden soll:

 
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Auftragsbestätigung

... gibt einen nach Auffassung des Absenders bereits zuvor geschlossenen Vertrag wieder;

hält getroffene Absprachen schriftlich fest;

wird durch Schweigen verbindlich.
... ist die Annahme eines vorangegangenen Angebots (des "Auftrags") bzw. ihrerseits ein neues Angebot, wenn der "Auftrag" unter veränderten Bedingungen bestätigt wird.

Die Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens umfasst auch darin enthaltene kleine Änderungen oder Ergänzungen, wenn der Empfänger nicht widerspricht. Dagegen kommt der darin fixierte Vertrag nicht zustande,

  • wenn der Bestätigende das Verhandlungsergebnis bewusst unrichtig wiedergibt oder
  • wenn die Bestätigung so weit ab vom tatsächlich Verhandelten liegt, dass der Absender vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis des anderen rechnen konnte und durfte.
[3] Das Rechtsinstitut "Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben" ist nicht im HGB geregelt, allerdings Kraft Gewohnheitsrechts anerkannt.

1.2.4 Wann ist der Zugang der Annahme entbehrlich?

Die Annahme muss dem Anbietenden ausnahmsweise nicht zugehen, wenn der Antragende auf den Zugang verzichtet hat oder der Zugang der Annahmeerklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist (§ 151 BGB). Insbesondere, wenn ein Kunde aufgrund einer "invitatio ad offerendum" ein Angebot/eine Bestellung abgibt, erwartet er in der Praxis keine ausdrückliche Annahmeerklärung seines Vertragspartners. Dass der Zugang der Annahmeerklärung entbehrlich sein kann, bedeutet aber nicht, dass auch die Abgabe der Annahmeerklärung entbehrlich ist. Durch bloßes Schweigen kann eine Annahme nicht erklärt werden (Ausnahme: Schweigen im kaufmännischen Verkehr, s. Tz. 1.2.2 und 1.2.3). Hinzukommen muss immer eine schlüssige Handlung. Oft stellen schlüssige Annahmehandlungen gleichzeitig Handlungen zur Erfüllung des Vertrags dar.

 

Entbehrlicher Zugang der Annahmeerklärung

Nach Eingang der Bestellung stellt die Weinhandlung W die bestellte Ware umgehend bereit und liefert sie aus; das Hotel H stellt nach kurzfristiger Reservierung umgehend ein Zimmer bereit.

 

Zusendung unbestellter Ware

X wird ein Buch zugeschickt, welches er gar nicht bestellt hat. Er öffnet das Paket, liest das Buch und markiert einige interessante Stellen mit einem Textmarker.

Werden einem Verbraucher durch einen Unternehmer Waren zugeschickt, die dieser nicht bestellt hat, liegt in einer sog. Aneignungs- und Gebrauchshandlung des Empfängers grundsätzlich keine Annahme durch schlüssiges Verhalten, die den Zugang entbehrlich macht. § 241a BGB bestimmt für diese Fälle, dass durch die Lieferung unbestellter Sachen ein Anspruch gegen den Verbraucher nicht begründet wird. Ein Vertrag kommt nicht zustande, es besteht also weder eine Zahlungs- o...

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