Kapitalgesellschaften aus dem EU-Ausland sind grundsätzlich in Deutschland handlungsfähig. So kann beispielsweise eine italienische Handelsgesellschaft, die an einen deutschen Lebensmittelhändler Wein geliefert hat, ohne weiteres in Deutschland den deutschen Abnehmer verklagen, ohne dass ihr diesbezüglich die Handlungsfähigkeit oder Rechtsfähigkeit abgesprochen werden kann.
Bei der Verwendung einer ausländischen Rechtsform im Inland geht es nicht um Gesellschaften, die ohnehin im Ausland ansässig sind und dort ihren effektiven Sitz unterhalten, vielmehr fallen hierunter ausschließlich oder ganz überwiegend im Inland tätige Gesellschaften, die pro forma im EU-Ausland gegründet worden sind und ausschließlich im Inland ihren Geschäftsbetrieb unterhalten.
Sofern das Unternehmen seinen Sitz, seine Betriebsstätte bzw. den Mittelpunkt seiner Tätigkeit in Deutschland hat, sollte grundsätzlich eine inländische Rechtsform verwendet werden, zumal der Gesetzgeber mit der Einführung der UG das Angebot an den zur Verfügung stehenden Rechtsformen abgerundet hat und sich die wesentlichen Ziele mit einer der vorhandenen Rechtsformen erreichen lassen. Nur in Ausnahmesituationen sollte eine ausländische Rechtsform gewählt werden. Solche Gründe können z. B. dann vorliegen, wenn ausländische Investoren eine ausländische Rechtsform, z. B. eine irische Limited bevorzugen. Die Gründe der Investoren können vielfältig sein, ggf. möchten ausländische Investoren nicht in Deutschland im Register erscheinen oder sie sind mit der englischen oder irischen Limited vertraut, auch die englische Sprache kann ein Vorteil sein. Gründen z. B. ausschließlich ungarische Gesellschafter eine Gesellschaft, die nur in Deutschland Bauleistungen mit ungarischen Arbeitnehmern erbringen soll, werden die Gründer ggf. eher auf die ihnen vertraute ungarische Kapitalgesellschaft zurückgreifen, auch wenn die Gesellschaft ihre Leistungen ausschließlich in Deutschland erbringen wird. Die Gesellschafter könnten sich daher für die ungarische sog. "korlátolt felellség társaság" [k.f.t.] entscheiden.
Allerdings sind die Nachteile zu betrachten: Eine in der EU gegründete ausländische Kapitalgesellschaft ist zwar grundsätzlich im Inland handlungsfähig. Es sind aber die Regelungen des jeweiligen Herkunftslandes zu beachten. Auch dort müssen grundsätzlich die Jahresabschlüsse publiziert werden, Steuererklärungen, wenn auch ggf. nur Nullmeldungen abgegeben werden und zumindest eine inländische Geschäftsanschrift unterhalten werden. Es entsteht also ein zusätzlicher Aufwand. Die in Deutschland tätige ausländische Kapitalgesellschaft unterliegt mit der inländischen Betriebsstätte dem deutschen Steuerrecht.
Auch werden Vertragspartner eine Gesellschaft, die unter einer ausländischen Rechtsform firmiert, ggf. eher mit Argwohn betrachten. Eine im EU-Ausland gegründete Gesellschaft ist jedenfalls kein geeignetes Instrument, um eine Beteiligung ab 25 % zu verbergen. Banken müssen zudem immer – um Geldwäsche einzudämmen – den sogenannten "ultimate benificial owner" ermitteln (UBO) bzw. den tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten, also denjenigen auf dessen Rechnung tatsächlich die Anteile gehalten werden, also den "wahren" Eigentümer. Sollte dies nicht transparent nachgewiesen werden, muss damit gerechnet werden, dass die Bank eine Geschäftsbeziehung ablehnt. Aufgrund der EU-Richtlinie vom 5.6.2015 (EU/2015/849) geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/843 (die fünfte Geldwäscherichtlinie) musste in allen Mitgliedsstaaten ein Transparenzregister eingeführt werden. Dies dient der Verhinderung der Nutzung der Finanzsysteme zur Geldwäsche und zur Finanzierung des Terrorismus. Insofern erscheinen die ausländischen Investoren dann auch ab einer Beteiligung von mehr als 25 %, etwa bei dem vorgenannten Beispiel, in ihrem in Ungarn geführten Transparenzregister.
Auch besteht bei der Tätigkeit im Inland grundsätzlich die Verpflichtung der ausländischen Kapitalgesellschaft in Deutschland eine Zweigniederlassung am Sitz der derselben im Handelsregister eintragen zu lassen (siehe § 13 e HGB).
Durch die Digitalisierungsrichtlinie der EU vom 10.6.2019 (Richtlinie [EU] 2019/1151), die bis August 2021 bzw. optional bis zum 1.8.2022 umzusetzen war, werden EU-weit Gründungen ohne Präsenz ermöglicht. Dadurch kann eine Gründung binnen Stunden aus dem Inland heraus erfolgen. Deutschland hat diese Richtlinie zum 1.8.2022 umgesetzt, hier wird es bei einer Gründung binnen Tagen, nicht binnen Stunden bleiben, da ein Konto einzurichten ist, die Einlagen einzuzahlen sind und erst dann die Anmeldung beim Handelsregister erfolgen kann Die Gründer müssen nicht mehr persönlich zum Notar, sofern sie sich mit der Online-Funktion ihres Personalausweises legitimieren können und die Möglichkeit der elektronischen Signatur haben. Die Gründung erfolgt dann über ein Videokommunikationssystem des Notars, das von der Bundesnotarkammer betrieben wird. Durch die Möglichkeit einer Online-Gründung wird EU-weit der Zugriff auf ein...