Leitsatz
Ein Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen, in dem eine Mieterhöhung und die ordentliche Kündigung auf Lebenszeit des Mieters ausgeschlossen sind, hält dem Fremdvergleich nicht stand. Er ist daher steuerlich nicht anzuerkennen.
Sachverhalt
Zu Gunsten der Mutter des Klägers wurde im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Wohnungsrecht im Grundbuch eingetragen. Durch Notarvertrag verzichtete die Mutter rückwirkend auf das Wohnungsrecht. Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug, rückwirkend an seine Mutter monatlich DM 400 als wiederkehrende Leistungen (dauernde Last) zu zahlen. Gleichzeitig wurde zwischen dem Kläger als Vermieter und der Mutter als Mieterin rückwirkend ein Mietvertrag abgeschlossen, in welchem der Kläger sowohl auf sein ordentliches Kündigungsrecht als auch auf Mieterhöhungen auf Lebenszeit der Mieterin verzichtete. Im Laufe des Klageverfahrens legte der Kläger eine Kopie eines Mietvertrags vor, in dem die Kündigung nach den gesetzlichen Bestimmungen möglich sein sollte und Mieterhöhungen nicht mehr ausgeschlossen waren.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung u. a. aus der an die Mutter vermieteten Wohnung. Für die wiederkehrenden Leistungen an die Mutter in Höhe von DM 4.800 beantragte er den Sonderausgaben-Abzug.
Das Finanzamt ließ den Sonderausgaben-Abzug wegen der gleichen Höhe von Mietzins und dauernden Lasten nicht zu. Es fehle an einer wirtschaftlichen Belastung des Klägers. Das Mietverhältnis erkannte das Finanzamt nicht an und berücksichtigte keinen Verlust aus Vermietung und Verpachtung. Es handele sich in der Mietvertragsgestaltung somit um Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten.
Entscheidung
Das Finanzgericht bestätigt die Entscheidung des Finanzamts, wonach sowohl das Mietverhältnis mit der Mutter steuerlich nicht anzuerkennen und demzufolge der Werbungskosten-Überschuss nicht zu berücksichtigen als auch die dauernde Last nicht als Sonderausgaben abziehbar sei.
Das Gericht geht davon aus, dass die Regelungen im ursprünglichen Mietvertrag, nach denen auf das ordentliche Kündigungsrecht durch den Sohn als Eigentümer verzichtet und Mieterhöhungen auf Lebenszeit der Mieterin ausgeschlossen waren, zwischen Dritten in dieser Art und Weise völlig unüblich seien.
In der Aufgabe des dinglichen Wohnungsrechts durch die Mutter und der gleichzeitigen Vereinbarung einer dauernden Last sowie dem Abschluss des Mietvertrags sieht das Gericht insgesamt Willenserklärungen, die sich in ihrer Rechtsfolge gegenseitig aufheben würden. Da die Höhe der dauernden Lasten und die Höhe des Mietzinses gleich hoch seien, trete für die Mutter des Klägers durch die Aufgabe ihrer Rechtsposition finanziell keine Änderung ein. Dass die Beteiligten die ursprünglichen Rechtspositionen bei Übergabe des Grundstücks nicht hätten aufgeben wollen, ergebe sich auch aus der Tatsache, dass sowohl das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters als auch die Mieterhöhungen ausgeschlossen worden seien.
Hinweis
Gegen das Urteil des Finanzgerichts legten die Kläger inzwischen Revision beim BFH ein (Az. des BFH: IX R 56/03). Zu denselben Streitfragen ist auch das Revisionsverfahren unter Az. IX R 91/00 beim BFH anhängig. Nach der Rechtsprechung des BFH können Mietvertrag und dingliches Wohnungsrecht grundsätzlich auch mit steuerlicher Wirkung nebeneinander vereinbart werden (BFH, Urteil vom 3.2.1998, IX R 38/96, BStBl 1998 II S. 539 und BFH, Beschluss vom 31.8.2000 IX B 72/00, BFH/NV 2001 S. 309). Die Vertragsparteien können ein dingliches Wohnungsrecht auch für die Zukunft entweder einvernehmlich aufheben oder es für die Zukunft dahingehend abändern, dass es nach dem Abschluss des Mietvertrags nur noch Sicherungscharakter hat.
Zur Frage, ob bei Übertragung eines Zweifamilienhauses in vorweggenommener Erbfolge und gleichzeitigem Abschluss eines Mietvertrags, bei dem der Mietzins an der Höhe des Betrags der dauernden Last orientiert ist, des Mietverhältnis und die Vereinbarung der dauernden Last einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellen, sind Revisionsverfahren unter den Az. IX R 11/01 und IX R 41/01 beim BFH anhängig.
Für einen Erfolg in einem vergleichbaren Rechtsstreit ist es unabdingbar, dass der vereinbarte Mietvertrag und seine Durchführung dem unter fremden Dritten Üblichen entspricht (siehe hierzu auch BFH, Urteil v. 20.10.1997, IX R 38/97, BStBl 1998 II S. 106) zur Beachtung der Hauptpflichten der Mietvertragsparteien.
Hinsichtlich des Abzugs der wiederkehrenden Leistungen (dauernde Last) als Sonderausgaben sollte aber bei einem Klageverfahren bedacht werden, dass der Große Senat des BFH (BFH, Beschluss vom 12.05.2003, GrS 1/00, DStR 2003, S. 1696) den Abzug der wiederkehrenden Leistungen dann verneint hat, wenn die Versorgungsleistungen nicht aus den erzielbaren laufen- den Nettoerträgen des übergebenen Vermögens bestritten werden können (sog. Typus 2 nach dem BMF, Schreiben vom 26.08.2002, BStBl 2002 I S. 893). Die Fi...