Leitsatz
Nach § 15 Abs. 4 UStG aufteilbar sind nur gesetzlich geschuldete Vorsteuerbeträge.
Normenkette
§ 15 Abs. 4, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 2 UStG, Art. 13 Teil B Buchst. f 6. EG-RL (= EWGRL 388/77)
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb Spielhallen, in denen sie Umsätze mit Geldspielgeräten und Umsätze mit Unterhaltungsspielgeräten ausführte. Die konzessionierte Fläche für die Spielhallen betrug insgesamt 83.720 qm, wovon eine Teilfläche von 15.043 qm (17,97 %) für Umsätze mit Geldspielgeräten und die Restfläche von 82,03 % für Umsätze mit Unterhaltungsspielgeräten verwendet wurde. Die Geldspielgeräte waren in jeder Spielhalle entweder an den Außenwänden oder an den deckenhoch eingezogenen, teilweise aus Gipskartonmetallständerwänden bestehenden Zwischenwänden hängend befestigt. Dem Einbau der Zwischenwände lagen teilweise Baugenehmigungen zugrunde. Der Geldspielgerätebereich hatte keinen separaten unmittelbaren Zugang zum jeweils für das Publikum zugänglichen straßenseitigen Spielhalleneingang. Der allgemeine Eingangsbereich musste passiert werden, um die vom Geldspielgerätebereich wie auch vom Unterhaltungsspielgerätebereich räumlich abgetrennten Abstellräume oder Personalräume zu erreichen. Die Kassenbereiche waren so gestaltet, dass die dort tätige Kraft die Gesamtaufsicht für die Halle einschließlich des Bereichs der Geldspielgeräte wie auch der übrigen Hallenfläche führte und Token für die Unterhaltungsspielgeräte und Erfrischungen verkaufte. Die für das Publikum vorgehaltenen Toiletten konnten die Nutzer der Geld- wie auch der Unterhaltungsspielgeräte gleichermaßen aufsuchen.
Im Rahmen einer Außenprüfung wurde beantragt, die zuvor versteuerten Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten unter Berufung auf das Unionsrecht steuerfrei zu behandeln. Während der Außenprüfung wurde zudem beantragt, die Vorsteuerbeträge aus den Kosten für die Spielhallen, soweit sie nicht direkt den steuerpflichtigen Umsätzen mit Unterhaltungsspielgeräten oder den steuerfreien Umsätzen mit den Geldspielgeräten zugeordnet werden konnten, nach den Nutzflächen für die Geldspielgeräte im Verhältnis zu den Nutzflächen für die Unterhaltungsspielgeräte aufzuteilen. Dieser Nutzflächenschlüssel sollte insbesondere für Vorsteuerbeträge aus Mietkosten und Mietnebenkosten für das jeweilige Geschäftslokal gelten.
Das FA war demgegenüber der Auffassung, dass aufgrund der geltend gemachten Steuerfreiheit hinsichtlich der Umsätze mit den Geldspielgeräten für Zwecke der Vorsteueraufteilung nur ein Umsatzschlüssel sachgerecht sei. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (FG Münster, Urteil vom 12.9.2017, 15 K 4355/12 U, Haufe-Index 11441341, EFG 2018, 249).
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe keine Feststellungen zu der gegenüber der Vorsteueraufteilung vorrangigen Frage getroffen, ob und inwieweit überhaupt eine gesetzlich geschuldete Steuer als Grundvoraussetzung des Vorsteuerabzugs vorliegt.
Hinweis
1. Die Frage einer Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG stellt sich nur für gesetzlich entstandene Vorsteuerbeträge. Denn der von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG verwendete Begriff der Vorsteuerbeträge entspricht dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG und setzt daher voraus, dass die in dieser Vorschrift genannten Abzugsvoraussetzungen vorliegen. Hierzu gehört beim Vorsteuerabzug aus von anderen Unternehmern bezogenen Leistungen, dass die für diese Leistungen in Rechnungen ausgewiesene Steuer i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG"gesetzlich geschuldet" wird.
2. Sollen sich gesetzlich geschuldete Steuerbeträge aus einem Verzicht nach § 9 UStG ergeben, muss dieser wirksam sein. Geht es um die Steuerfreiheit einer Vermietung, kommt es nach § 9 Abs. 2 UStG darauf an, dass der Mieter den Mietgegenstand für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Hieran fehlt es, wenn Umsätze zwar nach nationalem Recht steuerpflichtig sind, der Unternehmer sich aber auf eine aus dem Unionsrecht abgeleitete Steuerfreiheit beruft. Denn auch die unionsrechtlich abgeleitete Steuerfreiheit führt zu Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Daher ist eine Vermietung an einen Unternehmer, der für seine Umsätze die unionsrechtliche Steuerfreiheit von Umsätzen mit Geldspielautomaten geltend macht, nicht steuerpflichtig.
3. Zur Frage einer Teiloption geht der BFH weiterhin davon aus, dass Teilflächen eindeutig bestimmbar sein müssen und einer Teiloption ein hinreichend objektiv nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab zugrunde liegen muss. Dies bejaht der BFH bei einer Abgrenzung von Teilflächen nach baulichen Merkmalen wie etwa nach Räumen eines Mietobjekts. Teilflächen innerhalb eines Raums sind demgegenüber im Regelfall wie z.B. bei der Vermietung eines Büros nicht hinreichend abgrenzbar.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.10.2019 – V R 46/17