Leitsatz
1. Erwirbt der Gesellschafter eine Genussrechtsforderung gegen die Personengesellschaft unter Nennwert und verzichtet er im Anschluss auf den die Anschaffungskosten übersteigenden Teil der Forderung, entsteht im Gesamthandsbereich ein "Wegfallgewinn", der aus der Minderung der Verbindlichkeit resultiert.
2. Die Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung stehen dem nicht entgegen. Der Ertrag kann auch nicht durch die Bildung eines steuerlichen Ausgleichspostens neutralisiert werden.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 60 Abs. 2 EStDV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, hatte mit Dritten eine Genussrechtsvereinbarung abgeschlossen, der zufolge diese ihr einen Vorschuss i.H.v. insgesamt 28 Mio. EUR gewährten. Im Rahmen einer finanziell erforderlichen Restrukturierung der Klägerin erwarben ihre Gesellschafter diese Genussrechtsforderungen zu einem Kaufpreis von 14 Mio. EUR und verzichteten im Anschluss gegenüber der Klägerin auf den übersteigenden Betrag (d.h. auf 14 Mio. EUR). Das FA nahm in Höhe des übersteigenden Betrags eine Gewinnrealisierung im Gesamthandsbereich an. Demgegenüber war die Klägerin der Ansicht, dass der Darlehensverzicht nicht erfolgswirksam sei; der auf Gesamthandsebene erzielte handelsrechtliche Ertrag sei in der Steuerbilanz in einen steuerlichen Ausgleichsposten einzustellen. Das FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.10.2020, 1 K 2191/15, Haufe-Index 14243201) gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab. Durch den Forderungsverzicht i.H.v. 14 Mio. EUR sei die in der Gesamthandsbilanz der Klägerin mit 28 Mio. EUR ausgewiesene Verbindlichkeit in entsprechender Höhe auszubuchen. Aus der Minderung dieses Passivpostens um 14 Mio. EUR entstehe ein entsprechender Ertrag ("Wegfallgewinn"). Der mit dem Wegfall der Verbindlichkeit einhergehenden Erhöhung des Gesamthandsvermögens stehe keine Einlage oder "Quasi-Einlage" der Gesellschafter der Klägerin gegenüber. Zwar stellten die Forderungen Sonderbetriebsvermögen (I) der Gesellschafter der Klägerin bei der Klägerin dar. Da in den Sonderbilanzen jedoch nur Forderungen i.H.v. insgesamt 14 Mio. EUR aktiviert gewesen seien, habe der übersteigende Verzichtsbetrag nicht (aus dem Sonderbereich entnommen und) in das Gesamthandsvermögen eingelegt werden können. Auf die Fragen der betrieblichen oder gesellschaftlichen Veranlassung des Forderungsverzichts und der Werthaltigkeit der Forderung komme es nicht an. Auch die bei Mitunternehmerschaften anzuwendenden Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung stünden der Ertragswirksamkeit des Vorgangs (aus den sich aus den Praxis-Hinweisen ergebenden Gründen) nicht entgegen. Zuletzt könne der Ertrag auch nicht durch die Bildung eines (passiven) Ausgleichspostens im Gesamthandsbereich neutralisiert werden. Insofern fehle es an einer Rechtsgrundlage. Sie ergebe sich insbesondere nicht aus § 60 Abs. 2 EStDV. Denn hierbei handele es sich um eine Verfahrensvorschrift und nicht um eine materiell-rechtliche Rechtsgrundlage für einen steuerlichen Ausgleichsposten.
Hinweis
1. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung sind streng gesellschafterbezogen anzuwenden.
a) Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Darlehensforderung gehören zwar nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz (Gesamthandsbilanz) auszuweisenden Eigenkapital, aber zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, das in der aus Gesellschaftsbilanz und Sonderbilanzen zu bildenden Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird. Auch wenn feststeht, dass eine solche Darlehensforderung wertlos ist, weil sie von der Gesellschaft nicht beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das Imparitätsprinzip gilt insoweit nicht. Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen – ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen – grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft, realisiert.
b) Mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft endet die Stellung des Ausscheidenden als Mitunternehmer. Die steuerlichen Folgen des Ausscheidens sind abschließend durch die Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns i.S.d. § 16 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG zu ziehen. Wird im Zuge der Veräußerung des Gesellschaftsanteils auch eine Darlehensforderung veräußert, erhöht das dafür geleistete Entgelt den Veräußerungserlös. Liegt das Entgelt unter dem Nennbetrag der Forderung, führt dies zu einem Veräußerungsverlust im Sonderbetriebsvermögen.
c) Mit dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Mitunternehmerschaft werden die in der Sonderbilanz ausgewiesenen Bilanzpositionen durch die Erstellung einer Sonderschlussbilanz nur noch bei der Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabeg...