Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 31.08.2011; Aktenzeichen 8 C 16.10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Mitglieder des beklagten Rates der Stadt T. und wurden auf dessen Vorschlag von der Gesellschafterversammlung der T. Versorgungsbetriebe GmbH (SVB) in deren Aufsichtsrat gewählt.

Die Stadt T. ist an der SVB, deren Unternehmensgegenstand die Versorgung mit Gas, Wärme und Wasser ist, mit einem Gesellschaftsanteil von 74,88 % beteiligt. Nach § 7 des aus dem Jahr 1972 stammenden Gesellschaftsvertrags hat die GmbH einen Aufsichtsrat, auf den die Bestimmungen des Aktiengesetzes keine Anwendung finden. In diesem stellt die Stadt 14 von insgesamt 17 Mitgliedern, wobei acht Mitglieder nach dem Vorschlag des Rates und fünf Mitglieder auf Vorschlag der Arbeitnehmer des Unternehmens von der Gesellschafterversammlung gewählt werden.

Am 13. September 2006 beschloss der Haupt- und Finanzausschuss des beklagten Rates, die städtischen Vertreter im Aufsichtsrat der SVB zu beauftragen, einer von der Geschäftsführung der SVB befürworteten Erhöhung der Erdgas- und Wärmeabgabepreise zum 1. Oktober 2006 in einer für den 14. September 2006 anberaumten Aufsichtsratssitzung nicht zuzustimmen. Zudem erteilte der Ausschuss den städtischen Vertretern die Weisung, einen Antrag im Aufsichtsrat auf geheime Abstimmung abzulehnen.

In der Aufsichtsratssitzung vom 14. September 2006 wurde mehrheitlich eine namentliche Abstimmung abgelehnt und eine Preiserhöhung zum 1.Oktober 2006 genehmigt.

Daraufhin beantragten vier Ratsfraktionen, der Rat möge in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2006 beschließen, seine Mitglieder im Aufsichtsrat der SVB zu beauftragen,

  1. in der Aufsichtsratssitzung vom 14. Dezember 2006 für die Rücknahme der Preiserhöhung vom 1.Oktober 2006 zum 1. Januar 2007 einzutreten und einem entsprechenden Antrag zuzustimmen sowie
  2. einen Antrag im Aufsichtsrat auf geheime Abstimmung abzulehnen.

Dieser Antrag wurde als Tagesordnungspunkt (TOP) 4.1 in die Tagesordnung der Ratssitzung vom 13. Dezember 2006 aufgenommen.

Die Kläger haben am 5. Dezember 2006 die vorliegende Klage erhoben und zunächst beantragt,

dem Beklagten zu untersagen, ihnen – als vom Rat der Stadt T. vorgeschlagenen und von der Gesellschafterversammlung der SVB gewählten Mitgliedern des Aufsichtsrats der SVB – in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechtes im Aufsichtsrat der SVB Weisungen oder das Stimmrecht berührende Aufträge zu erteilen oder sie in irgendeiner anderen Weise zu veranlassen, ihr Stimmrecht in einer bestimmten Art und Weise auszuüben und insbesondere dem Beklagten zu untersagen, den im Einladungsschreiben des Bürgermeisters der Stadt T. vom 1. Dezember 2006 zur Ratssitzung am 13. Dezember 2006 unter TOP 4.1 bezeichneten Beschluss zu fassen.

Zur Begründung haben die Kläger im Wesentlichen geltend gemacht: Der Beklagte habe kein Recht, ihnen in Bezug auf die Ausübung ihres Stimmrechts im Aufsichtsrat Weisungen zu erteilen. Ein Weisungsrecht nach § 113 Abs.1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) bestehe nicht. Es sei schon fraglich, ob sie als Vertreter der Gemeinde im Sinne des § 113 Abs. 1 S. 1 GO NRW anzusehen seien, da sie lediglich vom Rat vorgeschlagen, aber von der Gesellschafterversammlung gewählt worden seien. Jedenfalls scheide ein Weisungsrecht nach § 113 Abs.1 GO NRW aber deshalb aus, weil einem Aufsichtsratsmitglied nach den bundesrechtlichen Bestimmungen des Gesellschaftsrechts allenfalls dann Weisungen erteilt werden dürften, wenn ein entsprechendes Weisungsrecht im Gesellschaftsvertrag verankert sei. Das bundesrechtliche Gesellschaftsrecht gehe den Regelungen des § 113 Abs.1 S.1 bis 3 GO NRW dabei im Rang vor, wie auch § 113 Abs.1 S.4 GO NRW verdeutliche. Da der Gesellschaftsvertrag der SVB ein Weisungsrecht jedoch nicht enthalte, seien ihnen gegenüber erteilte Weisungen des Rates schon aus diesem Grunde unzulässig. Die Regelung des § 108 Abs.4 Nr.2 GO NRW zeige, dass auch der Landesgesetzgeber davon ausgehe, dass Weisungen nur zulässig seien, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sei. Zudem widerstreite die hier in Rede stehende Weisung, die beschlossene Preiserhöhung rückgängig zu machen, dem Interesse der Gesellschaft, auf das sie verpflichtet seien. Denn eine Rückkehr zu den ursprünglichen Abgabepreisen würde im Jahr 2007 zu einer gravierenden Unterdeckung und damit zu einer existenziellen Gefahr für die SVB führen. Insofern gerieten sie bei Befolgung der Weisung in persönliche Konflikte und in die Gefahr, sich gesellschaftsrechtlichen Schadenersatzansprüchen und ggf. strafrechtlichen Vorwürfen auszusetzen. Die weitere Weisung, einen Antrag auf geheime Abstimmung im Aufsichtsrat abzulehnen, widerspreche ebenfalls dem Gesellschaftsrecht, nach dem geheim abgestimmt werden müsse, wenn auch nur ein Aufsichtsratsmitglied dies verlange.

Mit Erhebung der Klage haben die Kläger bei der erkennenden Kammer unter Hinweis auf die bevorstehe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge