Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbeuntersagung. Zwangsgeld. Insolvenzverfahren. Insolvenzmasse. Freigabe. Zwangsgeldfestsetzung wegen Verstoßes gegen eine Gewerbeuntersagung während eines laufenden Insolvenzverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. § 12 GewO steht auch den Maßnahmen der Vollstreckung einer vollziehbaren Gewerbeuntersagungsverfügung während eines laufenden Insolvenzverfahrens entgegen.
2. Die Freigabe des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners durch den Insolvenzverwalter gem. § 35 Abs. 2 InsO gliedert dieses aus der Insolvenzmasse aus, die Tätigkeit bleibt aber Teil des Insolvenzverfahrens. Die gem. § 35 Abs. 2 InsO freigegebene selbständige Tätigkeit des Schuldners wird daher von der Sperrwirkung des § 12 GewO erfasst.
Normenkette
NdsSOG § 64 ff; GewO § 12; InsO § 35 Abs. 2
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Zwangsmaßnahmen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2008 wird angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Streitwert wird auf 500,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I.
Im September 2004 leitete die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller ein Gewerbeuntersagungsverfahren ein. Dieser war zu dem Zeitpunkt mit einer „gewerblichen Unternehmensberatung” selbständig tätig. Unter dem 24. Juni 2005 meldete er dieses Gewerbe ab und als ab dem 1. Juli 2005 neu ausgeübtes Gewerbe die „Vermittlungen von Versicherungen und Bausparverträgen” an. Die Antragsgegnerin untersagte dem Antragsteller nach Anhörung mit Bescheid vom 13. Dezember 2005 die Ausübung seines Gewerbes „Gewerbliche Unternehmensberatung”, die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person sowie die Ausübung aller weiteren Gewerbe, die dem Anwendungsbereich des § 35 GewO unterliegen. Gegen den Bescheid hatte der Antragsteller am 13. Februar 2006 vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg Klage erhoben – 12 A 783/06 – und einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Den Antrag wies das Gericht durch Beschluss vom 16. April 2007 zurück; der Beschluss wurde vom Nds. OVG durch Beschluss vom 26. November 2007 – 7 PA 117/07 – bestätigt. Gegenstand der rechtlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung dieses Verfahrens am 11. März 2008 waren u.a. die fortdauernde gewerbliche Betätigung des Klägers und die Auswirkungen der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers durch Beschluss des Amtsgerichtes Delmenhorst vom 8. November 2007 – 12 IK 365/07 –, welche der Antragsteller am 30. Oktober 2007 beantragt hatte. In dem Termin nahm der Antragsteller nach Erörterung der Sach- und Rechtslage seine Klage zurück.
Am 13. März 2008 erhielt die Antragsgegnerin vom Amtsgericht Delmenhorst die Nachricht, dass der Insolvenzverwalter im Verfahren 12 IK 365/07 am 9. Januar 2008 erklärt habe, dass das Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners als Versicherungsmakler für die Aachener/Münchener Versicherungs-AG nicht zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten. Mit Schreiben vom 31. März 2008 forderte sie den Antragsteller zur Einstellung seines Gewerbes auf und drohte ihm für den Fall, dass er dieser Aufforderung nicht nachkomme, erneut die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,00 Euro an. Der Antragsteller erklärte hierzu mit Schreiben vom 1. April 2008, dass er seine Gewerbeausübung nicht einstellen werde. Die Antragsgegnerin setzte daraufhin mit Bescheid vom 19. Mai 2008 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro fest und drohte für den Fall der weiteren Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit die Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 1 000,00 Euro an.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 18. Juni 2008 Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
Entscheidungsgründe
II:
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Zwangsmittel im Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2008 ist gem. § 80 Abs. 5 VwGO zulässig und begründet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid mit dem ein Zwangsgeld festgesetzt und ein weiteres angedroht wurde, entfaltet gem. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 70 Nds. VwVfG, 64 Abs. 4 S. 1 Nds. SOG keine aufschiebende Wirkung, so dass der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage statthaft ist.
Der Antrag ist auch begründet, weil den Vollstreckungsmaßnahmen ein Vollstreckungshindernis entgegensteht.
Zwar sind die Grundvoraussetzungen insbesondere für die Festsetzung des Zwangsgeldes gem. §§ 64 ff Nds. SOG erfüllt. Den Vollstreckungsmaßnahmen liegt ein vollziehbarer Grundverwaltungsakt in Gestalt der dem Antragsteller gegenüber ausgesprochenen, nach der Klagerücknahme vom 11. März 2008 bestandskräftig gewordenen Gewerbeuntersagung vom 13. Dezember 2005 zugrunde. Diese erfasst – ...