Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Eine Person, die an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist, welche ihrerseits Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft ist, ist bei Prüfung einer vGA nicht als "Anteilseigner" der zuwendenden Kapitalgesellschaft zu behandeln.
Normenkette
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Abs. 2a EStG
Sachverhalt
Der Kläger war einer von mehreren Gesellschaftern einer GmbH i. G., deren Stammkapital durch Sacheinlagen aufgebracht werden sollte. Als Sacheinlage wurde unter anderem die Beteiligung an einer weiteren GmbH (I2-GmbH) eingebracht. Nachdem die I2-GmbH Konkursantrag gestellt hatte und die Konkurseröffnung vom zuständigen Konkursgericht abgelehnt worden war, lehnte das zuständige Registergericht die Eintragung der GmbH i. G. in das Handelsregister ab, weil die Werthaltigkeit der Stammeinlagen nicht nachgewiesen war. Der Kläger, der faktischer Geschäftsführer der I2-GmbH gewesen war, hatte die I2-GmbH veranlasst, auf Umwegen Zahlungen auf ihm gehörende Konten zu leisten.
Das FA behandelte die Mittelabflüsse bei der I2‐GmbH als vGA an die GmbH i. G. Da diese nicht im Handelsregister eingetragen worden sei, handele es sich von Beginn an um eine Personengesellschaft. Die vereinnahmten vGA von der I2-GmbH rechnete das FA im Rahmen der Gewinnverteilung auf Ebene der GmbH i. G. allein dem Kläger zu und erließ entsprechende Feststellungsbescheide.
Das FG gab der Klage statt und hob die dem Kläger gegenüber ergangenen Feststellungsbescheide auf (FG München, Urteil vom 26.11.2009, 11 K 3053/06, Haufe-Index 2721521). Es hat die übrigen Gesellschafter der GmbH i. G. nicht zum Verfahren beigeladen.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hätte die Mitgesellschafter des Klägers an der GmbH i. G. zum Verfahren notwendig beiladen müssen. Es werde die unterbliebenen Beiladungen nachzuholen haben.
Der Kläger sei als Gesellschafter der als Personengesellschaft zu behandelnden GmbH i. G. nicht auch Gesellschafter der I2-GmbH. Da der Kläger aber nicht nur faktischer Geschäftsführer der I2‐GmbH, sondern auch Gesellschafter und als solcher Geschäftsführer und Vertreter der GmbH i. G. gewesen sei, sei sein Wissen über die Zahlungen der I2-GmbH auf die ihm zuzurechnenden Konten der GmbH i. G. als deren Gesellschafterin zuzurechnen, sodass eine vGA an einen nahestehenden Gesellschafter vorliegen könne.
Das FG habe aber bislang nicht festgestellt, ob durch den Mittelabfluss die erforderliche Vermögensminderung bei der I2‐GmbH bewirkt worden ist.
Komme das FG im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, es liege eine vGA vor, werde es zu prüfen haben, ob diese Einnahme auf Ebene der GmbH i. G. im Rahmen der Gewinnverteilung nur dem Kläger zugewiesen werden kann. Zudem werde das FG erneut prüfen müssen, zu welchem Zeitpunkt die Feststellungsverjährung für das Streitjahr 1997 eingetreten ist und ob der Hinweis gemäß § 181 Abs. 5 Satz 2 AO im Bescheid erforderlich war.
Hinweis
1. In der Gründungsphase einer GmbH entsteht mit Abschluss der notariellen Gründungsurkunde eine Vorgesellschaft. Diese wird nur dann ab dem Zeitpunkt der Gründung zu einem Körperschaftsteuersubjekt, wenn sie als GmbH ins Handelsregister eingetragen wird. Dann wirkt die Eintragung auf den Zeitpunkt der Gründung zurück.
2. Ist jedoch die Eintragung ins Handelsregister endgültig gescheitert, so ist die Vorgesellschaft von Anfang an als Personengesellschaft zu behandeln, deren Einkünfte, wenn mehrere Gesellschafter vorhanden sind, gesondert und einheitlich festzustellen sind.
3. An die Beurteilung einer solchen (gescheiterten) Vorgesellschaft als Personengesellschaft knüpfen sich verschiedene prozessrechtliche Folgerungen:
a) Sowohl gewerbliche als auch vermögensverwaltende Personengesellschaften sind gegen gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheide gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGOklagebefugt.
b) Die Klagebefugnis einer solchen Gesellschaft erlischt jedoch nicht nur mit deren Vollbeendigung, sondern auch, wenn zwar Ungewissheit über den Fortbestand der Gesellschaft besteht, sie jedoch nach den äußeren Umständen faktisch beendet ist.
c) Mit Ende der Klagebefugnis der Gesellschaft sind deren Gesellschafter gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGOklagebefugt. Allerdings können sie nur solche Feststellungen angreifen, die sie jeweils selbst betreffen.
d) Klagt ein Gesellschafter gegen den Feststellungsbescheid, so sind die übrigen Gesellschafter, die ebenfalls gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt wären, gemäß § 60 Abs. 3 FGOnotwendig beizuladen.
e) Notwendige Beiladungen können ausnahmsweise unterbleiben, wenn ein Feststellungsbeteiligter durch den Gegenstand des Rechtsstreits unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sein kann.
f) Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung durch das FG begründet einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens, der vom BFH als Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist. Die unterbliebenen Beiladungen kann der BFH in der Revisionsinstanz nach § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO ...