Leitsatz
* 1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind derjenigen (natürlichen oder juristischen) Person zuzurechnen, auf deren Rechnung und Gefahr das Unternehmen in der Weise geführt wird, dass sich der Erfolg oder Misserfolg in ihrem Vermögen unmittelbar niederschlägt.
2. Die Verlagerung von Einkünften von einer Schwestergesellschaft auf die andere ist nicht deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie ausschließlich oder überwiegend dem Ziel dient, Verlustvorträge zu neutralisieren.
3. Wird einer GmbH von dritter Seite ein konkretes Geschäft angeboten, stellt es regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn die Geschäftschance ohne entsprechendes Entgelt einer Schwestergesellschaft überlassen wird. Der (gemeinsame) ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter beider Gesellschaften würde die sich bietende Chance auch nicht wahlweise für diejenige der beiden Gesellschaften ergreifen, die daraus den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen (hier: den Verlustabzug) ziehen kann. Vielmehr geht die Gewinnmaximierung derjenigen Gesellschaft, der das Geschäft angeboten wurde, der Gewinnmaximierung der anderen Gesellschaft vor.
* Leitsätze nicht amtlich
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG , § 42 AO
Sachverhalt
An der Klägerin einer GmbH waren jeweils hälftig ihre Geschäftsführer A und B beteiligt. Gegenstand des Unternehmens war die Tätigkeit als Generalübernehmerin zur schlüsselfertigen Errichtung von Wohn- und Industriebauten.
Sie gehörte neben der D-GmbH und der B-AG als Schwestergesellschaften zu einer Unternehmensgruppe. Beide Schwestergesellschaften hatten ähnliche Unternehmensgegenstände. Gesellschafter beider Gesellschaften waren ebenfalls A und B, die bei der D-GmbH zugleich als Geschäftsführer fungierten.
Die Beteiligten stritten um die steuerrechtliche Beurteilung folgender Geschäftsvorfälle:
1. Projekt 1
Die Klägerin erwarb am 17.7.1987 zum Preis von insgesamt 2?725?400 DM Grundstücke zum Zweck der Errichtung eines Bauparks. Baugenehmigungen hierfür lagen vor. Am 14.12.1987 veräußerte sie die erworbenen Grundstücke an eine gesellschaftsfremde Immobiliengesellschaft. Der Kaufpreis betrug 2,3 Mio. DM zuzüglich diverser Erstattungen für Vorleistungen. Gleichzeitig mit dem Kaufvertrag über den Erwerb der Grundstücke schloss die D-GmbH mit der Erwerberin einen Vertrag über die schlüsselfertige Erstellung des Bauparks.
Das FA vertrat die Auffassung, die Leistungen aus diesem Vertrag habe tatsächlich die Klägerin erbracht. Die Einschaltung der D-GmbH sei lediglich im Hinblick auf die bei dieser vorhandenen Verlustvorträge erfolgt. In Höhe des Gewinns der D-GmbH liege eine vGA vor.
2. Projekt 2
Die Klägerin erwarb am 9.3.1989 zum Preis von 5 Mio. DM ein weiteres Grundstück und veräußerte dieses am 25.9.1989 an die A-GbR zum Preis von wiederum 5 Mio. DM weiter. Die D-GmbH schloss am 9.10.1989 mit der A-GbR einen Vertrag über die Vermittlung und Bearbeitung der Zwischen- und Endfinanzierung, die Bürgschaftsübernahme, die Höchstzinsgarantie und Baukostenhöchstbetragsgarantie sowie die Ausbietungsgarantie. Für diese Leistungen erhielt sie insgesamt einen Betrag von 1?210?620 DM. Am selben Tag schloss die D-GmbH mit der A-GbR zudem einen Baubetreuungsvertrag. Anschließend stellte die D-GmbH ihre Tätigkeit nach Leistung diverser Ausgleichszahlungen ein.
Das FA vertrat auch hier die Auffassung, dass der Ertrag aus den Verträgen mit der A-GbR nicht der D-GmbH, sondern der Klägerin zustehe. Auch insoweit läge eine vGA vor.
3. Schließlich stritten die Beteiligten noch über die Ausgaben für eine betriebswirtschaftliche Beratung, die das FA als nicht betrieblich, sondern als gesellschaftlich veranlasst ansah. Diesem Streitpunkt ist keine besondere Bedeutung beizumessen.
Entscheidung
Das FG hatte dem FA im Grunde recht gegeben und lediglich betragsmäßige "Retuschen" vorgenommen. Gegen das FG-Urteil hatten beide Beteiligten Revision eingelegt, woraufhin der BFH die Sache an das FG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwies. Die Grundentscheidung betrifft die Frage nach dem übergang der Geschäftschancen auf die D-GmbH. Darin folgte auch der BFH im Ergebnis dem FA. Er setzte allerdings die Akzente etwas anders und verlangte Aufklärung darüber, wem konkret die Chancen angeboten worden waren. Einzelheiten entnehmen Sie bitte den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Wieder einmal entpuppt sich ein bloßes sog. NV-Urteil des BFH als höchst praxisrelevant und sollte es deshalb nicht in der Masse der eher "gesichtslosen" sonstigen NV-Entscheidungen untergehen. Deshalb wird es hier für Sie aufbereitet:
1. Ihnen allen ist die sog. Geschäftchancenlehre des BFH sicher sehr wohl bekannt. Zuletzt fand diese sich im BFH-Urteil vom 30.1.2002, I R 13/01, das Ihnen in BFH-PR 2002, 302 vorgestellt wurde.
Nach dieser Lehre kann eine vGA auch darin bestehen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer Geschäftschancen, die der Kapitalgesellschaft gebühren, als Eigengeschäft wahrnimmt oder Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsg...