Leitsatz

1. Vereinbaren eine GmbH und ihr (beherrschender) Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen der Erteilung einer betrieblichen Pensionszusage, dass im Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Begünstigten das grundsätzliche Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG (a.F.) Anwendung finden soll, wird beim tatsächlichen vorzeitigen Ausscheiden des Gesellschafter-Geschäftsführers im Zusammenhang mit der Veräußerung der Ge?sell?schafts?anteile aber gleichwohl eine Abfindung gezahlt, rechtfertigt Letzteres die regelmäßige Vermutung einer gesellschaftlichen Veranlassung und damit einer vGA. Das gilt auch im Fall eines sog. Statuswechsels, wenn der Gesellschafter im Lauf der Zeit unter Aufgabe seiner beherrschenden Stellung seine Geschäftsführerfunktion aufgibt und fortan unter Aufrechterhaltung der Versorgungszusage für die GmbH als Arbeitnehmer tätig wird.

2. Die Übertragung der Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung für eine vertraglich unverfallbare Pensionszusage an den Gesellschafter einer GmbH führt bei der GmbH unabhängig davon zu einer Vermögensminderung und damit zu einer vGA, ob der Begünstigte zeitgleich auf seine Anwartschaftsrechte auf die Versorgung verzichtet. Dieser Verzicht führt zu einer verdeckten Einlage.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BetrAVG a.F.

 

Sachverhalt

Die Anteile an der 1984 gegründeten Klägerin, einer GmbH, hielten im Streitjahr 1996 KM mit 51 % sowie KW mit 49 %. In der Zeit vom 13.3.1985 bis zum 23.1.1986 war KW Alleingesellschafter der Klägerin. Deren Geschäftsführung oblag seit dem 22.3.1985 zunächst beiden Gesellschaftern. Am 19.4.1988 trat KW als Geschäftsführer zurück und war seitdem als Angestellter in den Diensten der Klägerin tätig.

Am 10.1.1986 hatte die Klägerin sowohl gegenüber KM als auch gegenüber KW Pensionszusagen erteilt. Hierin verpflichtete sie sich, beiden Begünstigten nach Vollendung des 65. Lebensjahrs oder bei Ausscheiden infolge von Berufsunfähigkeit ein lebenslängliches Ruhegeld und dem jeweils hinterbliebenen Ehegatten eine Witwenrente zu zahlen. Die Klägerin war berechtigt, anstelle der Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Barwerts der Rentenverpflichtung zu gewähren. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus den Diensten der Gesellschaft sollte sich der ?Leistungsanspruch nach den Vorschriften des BetrAVG richten.

Im Hinblick auf eine geplante Veräußerung der Ge?sell?schafts?anteile wurden die Pensionszusagen mit Vereinbarungen vom 16.12.1996 aufgehoben. Die Gesellschafter (sowie ihre Ehefrauen im Hinblick auf die erteilte Witwenzusage) verzichteten unbedingt und unwiderruflich auf alle Rechte aus den Pensionszusagen. Im Gegenzug wurden ihnen die hierfür abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen übertragen. Der jeweilige Anspruchsverzicht der Gesellschafter wurde auch für den Fall der Unwiderruflichkeit der Pensionszusagen erklärt. Nachdem auch die bestehenden dienstvertraglichen Vereinbarungen mit den Gesellschaftern am 20. und 26.3.1997 aufgehoben worden waren, veräußerten diese ihre Anteile mit notariellem Vertrag vom 26.3.1997. In dem Kaufvertrag sicherten die Gesellschafter zu, dass die Beschäftigungsverhältnisse zwischen ihnen und der Klägerin aufgehoben worden seien und damit sämtliche hieraus fließenden Ansprüche endgültig und abschließend erledigt würden. Im Jahresabschluss zum 31.12.1996 ?löste die Klägerin die Pensionsrückstellungen erfolgswirksam auf.

Das FA behandelte die Übertragung der Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen als vGA.

Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage nur im Hinblick auf die Person des KW. Die Klage war erfolgreich (EFG 2005, 1075).

 

Entscheidung

Der BFH hielt die Revision des FA hingegen für begründet. Da die Klägerin sich sowohl mit KM als auch mit KW ursprünglich darauf verständigt hätte, die Regeln des BetrAVG und damit auch das Abfindungsverbot des § 3 Abs. 1 BetrAVG (a.F.) auf die erteilten Pensionszusagen anzuwenden, stellten die gleichwohl gezahlten Abfindungen vGA dar. Die Abmachungen seien nicht vertragsgemäß durchgeführt, vielmehr aus gesellschaftlicher Veranlassung – dem bevorstehenden Anteilsverkauf – gebrochen worden. Der "Statuswechsel" von KW vom Geschäftsführer zum "einfachen" Arbeitnehmer ändere daran nichts. Die Abfindung korrespondiere zwar mit dem Verzicht des Begünstigten, was indes nicht zur gegenseitigen Neutralisierung (mit der Folge einer fehlenden Vermögensminderung) führe, sondern zur vGA einerseits und zur verdeckten Einlage andererseits.

 

Hinweis

Dem (amtlich nicht veröffentlichten) Urteil des BFH kommt durchaus eine praktische Bedeutung zu:

Diese Bedeutsamkeit betrifft die Abfindung von Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer. Solche Abfindungen werden oftmals erforderlich, wenn der Verkauf der GmbH (bzw. deren Anteile) vor der Tür steht. Der Unternehmensnachfolger hat gemeinhin kein Interesse an der Sozialverbindlichkeit gegenüber dem Alt-Gesellschafter. Er will diesen deswegen abfinden. Dann droht die Sofortbesteuerun...

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