Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsrechtsweg. Gewerbesteuer. Unerlaubte Handlung. Restschuldbefreiung. Eröffnung des Rechtsweges zu den Verwaltungsgerichten für das Begehren einer Gemeinde zur Feststellung der Qualität einer Forderung (hier: nicht gezahlte Gewerbesteuer) als Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung i.S.d. § 302 Nr. 1 InsO. 2/10 Rechtsweg, Zuständigkeit, Verweisung 4/1 Steuer
Leitsatz (amtlich)
Für das auf die Feststellung gerichtete Begehren einer Gemeinde, dass ihre zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung wegen nicht gezahlter Gewerbesteuern die Qualität einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO hat, ist nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Normenkette
VwGO § 40 Abs. 1; GVG § 13; InsO §§ 185, 302 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2; AO § 34
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 20.03.2012; Aktenzeichen 5 K 513/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. März 2012 – 5 K 513/12 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I. Die frühere Beklagte und jetzige Klägerin nahm den Beklagten und früheren Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Fa. xxxxxxxx-GmbH mit Haftungsbescheid vom 1.12.2005 für die Gewerbesteuerschulden der GmbH in Höhe von insgesamt 77.932,84 EUR in Anspruch. Gegen diesen Bescheid erhob der Beklagte nach erfolglosem Widerspruchsverfahren am 6.7.2006 Klage. Mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 18.7.2006 wurde über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete ihre Forderung gegen den Beklagten zur Insolvenztabelle an und teilte der Insolvenzverwalterin mit, dass die Forderung auch auf eine unerlaubte Handlung des Beklagten gestützt werde. Die Forderung der Klägerin wurde am 11.4.2008 nachträglich von der Insolvenzverwalterin anerkannt. Dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung wurde vom Beklagten am 29.5.2008 widersprochen.
Die Klägerin hat das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Verfahren am 10.8.2011 wiederaufgenommen und die Feststellung beantragt,
dass es sich bei der im Insolvenzverfahren angemeldeten Haftungsschuld um eine Verbindlichkeit des Beklagten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handelt. Nach Abtrennung des diesen Antrag betreffenden Teils des Verfahrens von der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht in dem abgetrennten Verfahren mit Beschluss vom 20.3.2012 den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtstreit an das Landgericht Freiburg verwiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist gemäß § 17 a Abs. 4 S. 2 GVG in Verbindung mit § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu Recht für unzulässig erklärt.
Gemäß § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nicht die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund Bundesrechts besondere Gerichte bestellt sind. Die vorliegende Streitigkeit ist eine solche bürgerliche Rechtsstreitigkeit, für die auch nicht besondere Gerichte bestellt sind.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihre zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung gegen den Beklagten wegen nicht gezahlter Gewerbesteuern die Qualität einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO hat. Die angemeldete Forderung gilt zwar als festgestellt, nachdem die Forderung von der Insolvenzverwalterin nachträglich anerkannt worden ist. Der auf den Anspruchsgrund beschränkte Widerspruch des Beklagten ändert daran nichts (§ 178 Abs. 1 S. 2 InsO). Der Widerspruch des Beklagten ist jedoch insofern von Bedeutung, als das Amtsgericht auf den Antrag des Beklagten beschlossen hat, dass der Beklagte unter den in § 291 InsO genannten Voraussetzungen Restschuldbefreiung erlangt, von der nur die in § 302 InsO aufgeführten Verbindlichkeiten ausgenommen sind.
Der über die rechtliche Einordnung der Forderung der Klägerin geführte Rechtsstreit ist eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit. Für den Rechtsweg ist die Natur des Rechtsverhältnisses entscheidend, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4.6.1974 – GmS-OGB 2/73 – BGHZ 102, 280, 283). Der Schadensersatzanspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung beurteilt sich nach § 823 Abs. 2 BGB und damit nach den Normen des Zivilrechts. Der Umstand, dass der von der Kläge...