3.4.2.1 Allgemeines

 

Rz. 1324

Finanziert ein Dritter die GmbH auf eigenes Risiko, ist diese Fremdfinanzierung nur in Ausnahmefällen speziellen Regelungen unterworfen.

 

Rz. 1325

Dritte, deren Kreditgewährung derjenigen durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entspricht, sind – obwohl die Vorschrift dies nicht ausdrücklich vorsieht – nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wie Gesellschafter zu behandeln. Darunter können insbesondere Fallgestaltungen mit verbundenen Unternehmen, Treuhändern, Unterbeteiligten und – zumindest wenn das Darlehen aus den Mitteln des Gesellschafters stammt – Familienangehörigen fallen.[1]

 

Rz. 1326

Ein stiller Beteiligter ist nur dann der Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterworfen, wenn er einem Gesellschafter hinsichtlich Beteiligung und Einfluss einem Gesellschafter weitgehend gleichgestellt ist und so die Geschicke der Gesellschaft wesentlich mitbestimmen kann – dies kann vor allem beim atypisch stillen Gesellschafter der Fall sein.[2]

 

Rz. 1327

Zu beachten ist weiterhin die Regelung in § 44 a InsO, nach der ein Dritter, welcher der GmbH ein Darlehen gewährt, für das eine Sicherheit oder Bürgschaft eines Gesellschafters besteht, zunächst diesen in Anspruch nehmen muss und nur insoweit dieser ausgefallen ist, auf die Insolvenzmasse der GmbH zugreifen darf. Die Rückgriffforderung des in Anspruch genommenen Gesellschafters unterliegt dann wiederum dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.[3]

[1] BGH, Urteil v. 17.2.2011, IX ZR 131/10, NZI 2011 S. 257; BGH, Urteil v. 28.6.2012, IX ZR 191/11, NZI 2012 S. 860; Hirte, in Uhlenbruck, InsO § 39 Rn. 40 ff.; Behme, in MüKo-InsO, § 39 Rn. 48 ff.; Bäuerle, in Braun, InsO § 39 Rn. 21; Obermüller/Kuder, in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 97 Rn. 55.
[2] BGH, Urteil v. 24.9.2013, II ZR 39/12, NJW-RR 2014 S. 147; BGH, Urteil v. 28.6.2012, IX ZR 191/11, NZI 2012 S. 860; Manz/Lammel, in GmbHR 2009, S. 1121, 1124 f.
[3] Leithaus, in Andres/Leithaus, InsO § 44a Rn. 14; Bitter, in MüKo-InsO, § 44a Rn. 27.

3.4.2.2 Sonderproblem: Upstream-Sicherheiten im Konzern und Limitation Languages

 

Rz. 1328

Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn innerhalb eines Konzerns die Muttergesellschaft Darlehen in Anspruch nimmt, für welche die Tochtergesellschaften Sicherheit gewähren ("Upstream-Sicherheiten" oder "Upstream Securities"). Aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht sind derartige Sicherheiten zulässig, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind (§ 30 Abs. 1 Satz 2 alt. 2 GmbHG).[1] Die Grundsätze zur Zulässigkeit von Upstream Loans sind entsprechend heranzuziehen, weil auch die Bestellung von Sicherheiten eine Auszahlung i. S. d. § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG darstellen kann, wenn sie zu bilanzieren sind und eine Unterbilanz herbeiführen oder vertiefen.[2] Umstritten war, welches der maßgebliche Zeitpunkt für die Auszahlung und die Prüfung ihrer Deckung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch ist (und damit verbunden die Frage, ob bereits die Gewährung der Sicherheiten ohne Abstimmung mit den Kapitalerhaltungsregeln ein Haftungsrisiko für die Geschäftsführer darstellt).[3] Dieser Streit ist mittlerweile dadurch gelöst, dass der Zeitpunkt der Gewährung der Sicherheiten relevant ist.[4]

 

Rz. 1329

Verstoßen derartige Sicherheiten gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, besteht für den Geschäftsführer der GmbH ein erhebliches Haftungsrisiko (beispielsweise aus § 43 Abs. 3, § 31 Abs. 6 und § 64 Satz 3 GmbHG).[5] In der Praxis werden daher sog. "Limitation Languages"/"Verwertungsbeschränkungen" vereinbart. Dabei handelt es sich um schuldrechtlich vereinbarte Ausschüttungssperren zwischen Sicherungsgeber (GmbH) und Sicherungsnehmer (Kreditgeber, insb. Banken), durch die eine Vollstreckung in das Vermögen der GmbH für Fälle ausgeschlossen wird, in denen die Kapitalerhaltungsregel des § 30 GmbHG verletzt wäre. Die Verwertungsbeschränkung bewirkt, dass der Sicherungsnehmer nur insoweit auf die Sicherheiten zugreifen kann bzw. die Verwertungserlöse behalten darf, als der Sicherungsgeber über ungebundenes Vermögen, d. h. Rücklagen, Gewinnvorträge und Gewinn aus dem laufenden Geschäftsjahr, verfügt.[6]

 

Rz. 1330

Vor dem Urteil des BGH vom 21.3.2017 war eine Limitation Language weit verbreitet und auch bei Banken akzeptiert. Mittlerweile gibt es in der Praxis Widerstand hiergegen, wodurch die Haftungsrisiken des Geschäftsführers durch die nachlaufenden Beobachtungspflichten steigen (sofern er diese nicht vertraglich ausschließen kann).

 

Rz. 1331

Seit Inkrafttreten des MoMiG wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur zudem die Diskussion geführt, inwiefern die Limitation Language (oder anderweitige, entsprechende Schutzregelungen zu Gunsten des Geschäftsführers) auch das Liquiditätserhaltungsgebot des § 64 Satz 3 GmbHG berücksichtigen muss.[7] Das ist als sicherster Weg nach wie vor zu empfehlen, aber weder vor dem Hintergrund der oben dargestellten jüngeren BGH-Rechtsprechung zu § 30 GmbHG, noch nach einer starken Meinung in der Literatur erforderlich.

[1] Dies erfordert insbesondere die marktübliche Vergütung des Delkredererisikos (Heidinger, in Micha...

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