Leitsatz

1. Die unter den Bedingungen des Art. 150 Abs. 2 ZK mögliche Gewährung vollständiger oder teilweiser Einfuhrabgabenbefreiung für Veredelungserzeugnisse, obwohl eine der Bedingungen oder Verpflichtungen in Verbindung mit dem Verfahren der passiven Veredelung nicht erfüllt ist, setzt voraus, dass die entsprechenden Vormaterialien in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt worden sind.

2. Ist dies nicht der Fall, sondern die Überführung in die passive Veredelung irrtümlich unterblieben, kommt es unter den Voraussetzungen des Art. 251 Nr. 1c Anstrich 2 und Art. 508 ZKDVO in Betracht, die für die Vormaterialien abgegebene Ausfuhranmeldung für ungültig zu erklären und durch eine Anmeldung zur passiven Veredelung zu ersetzen.

 

Normenkette

Art. 150 Abs. 2, Art. 220 Abs. 2 ZK, Art. 66, Art. 251 Nr. 1c Anstrich 2 und Art. 508 ZKDVO

 

Sachverhalt

Ein Konfektionsfabrikant war im Besitz einer im August 2000 erteilten Bewilligung für die passive Veredelung entsprechender Vormaterialien als Waren der vorübergehenden Ausfuhr zur Verarbeitung zu Bekleidung als Veredelungserzeugnisse. Ohne von dieser Bewilligung Gebrauch zu machen, führte er von Juni bis November 2005 in Mazedonien hergestellte Damenoberbekleidung in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein, die wegen vorgelegter Präferenznachweise zum Zollsatz "frei" abgefertigt wurde.

Später musste er einräumen, dass die Zollpräferenz wegen Verwendung von Stoffen türkischen Ursprungs zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Daraufhin erhob das HZA X den auf die Einfuhrwaren entfallenden Zoll nach, wobei es die Abgaben zunächst teilweise unter Gewährung der für Veredelungserzeugnisse des passiven Veredelungsverkehrs vorgesehenen teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben (gem. Art. 150 Abs. 2 des Zollkodex – ZK) und in Anwendung der sog. Mehrwertmethode (Art. 153 ZK) festsetzte.

Im Dezember 2007 beantragte der Einführer jedoch die Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK für die Einfuhren. Aufgrund der inzwischen vorliegenden Prüfungsergebnisse ist das HZA jedoch der Ansicht, dass der Zoll für alle Einfuhrsendungen ohne die für Veredelungserzeugnisse des passiven Veredelungsverkehrs vorgeschriebene Abgabenberechnung festzusetzen sei, und erhob die entsprechenden Einfuhrabgaben nach.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Klage (Vorinstanz: FG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2010, 4 K 2677/09 Z, Haufe-Index 2309469) als nur zum kleinen Teil begründet angesehen: Die Unterrichtung des HZA über die insoweit zu Unrecht in Anspruch genommene Zollpräferenz könne unter Umständen als ein fristgerechter Antrag gem. Art. 508 ZKDVO auf Berechnung der Abgaben nach dem Verfahren der passiven Veredelung angesehen werden, sodass die betroffenen Ausfuhren der Vormaterialien evtl. noch innerhalb der rückwirkenden Jahresfrist des Art. 508 Abs. 3 ZKDVO liegen könnten. Wäre dies der Fall und sähe man die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift als erfüllt an, hätte das HZA X die Einfuhrabgaben für die fünf Einfuhren in zutreffender Höhe buchmäßig erfasst. Wäre dies nicht der Fall, stünde der Nacherhebung jedenfalls Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK entgegen.

Im Übrigen aber könne die für wieder eingeführte Veredelungserzeugnisse vorgesehene vollständige oder teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nicht gewährt werden, weil die für die aus Mazedonien eingeführten Textilien verwendeten Vormaterialien nicht in das Zollverfahren der passiven Veredelung übergeführt worden waren. Art. 150 Abs. 2 ZK, der ausnahmsweise auch bei Nichterfüllung der Bedingungen oder Verpflichtungen in Verbindung mit dem Verfahren der passiven Veredelung die vollständige oder teilweise Abgabenbefreiung ermöglicht, sofern die Versäumnisse ohne wirkliche Folgen für das reibungslose Funktionieren des passiven Veredelungsverfahrens geblieben sind, könne nicht angewandt werden.

 

Hinweis

Nach Art. 150 Abs. 2 ZK ist für die Berechnung der Höhe einer entstandenen Zollschuld eine Abgabenbefreiung für Veredelungserzeugnisse im passiven Veredelungsverkehr grundsätzlich nicht zu gewähren, wenn Bedingungen oder Verpflichtungen in Verbindung mit diesem Zollverfahren nicht erfüllt werden. Die Vorschrift lässt jedoch Ausnahmen zu, wenn diese Verfehlungen keine wirklichen Folgen für das Verfahren der passiven Veredelung hatten. Das entspricht Art. 204 Abs. 1 ZK, der hinsichtlich der Entstehung der Zollschuld in gleicher Weise bei Nichterfüllung der sich aus der vorübergehenden Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme eines bestimmten Zollverfahrens ergebenden Pflichten bzw. Fehlen der Voraussetzungen für die Überführung in dieses Zollverfahren die Zollschuld entstehen lässt, es sei denn, dass sich die Verfehlungen nachweislich auf die vorübergehende Verwahrung oder das betreffende Zollverfahren nicht wirklich ausgewirkt haben. Ebenso wie bei Art. 204 Abs. 1 ZK sich die Pflichten und Bedingungen, deren Nichterfüllung zur Entstehung der Zollschuld führt, aus der vorübergehenden Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens ergeben, in das die ...

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