Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Im Insolvenzverfahren ist die Insolvenzordnung (InsO) zu beachten,, d. h. das Insolvenzrecht geht dem Steuerrecht vor. Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, richtet sich die Geltendmachung von Steuerforderungen gegen die Insolvenzmasse nach den Regeln des Insolvenzrechts. Das Finanzamt ist dann als Steuergläubiger auch Insolvenzgläubiger. Es kann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass alle geltend gemachten Steuerforderungen bereits bestandskräftig festgesetzt worden sind.
Ein Insolvenzeröffnungsantrag ist dann ermessenswidrig, wenn erkennbar feststeht, dass eine die Kosten deckende Insolvenzmasse nicht vorhanden ist. Entsprechendes gilt, wenn der Insolvenzantrag lediglich als Druckmittel für die Abgabe von Steuererklärungen eingesetzt wird.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbricht das Steuerfestsetzungsverfahren, d. h. das Finanzamt darf bis zum Prüfungstermin Steuern nicht mehr festsetzen, die zur Insolvenztabelle anzumelden sind und Feststellungsbescheide nicht mehr erlassen, in denen Besteuerungsgrundlagen mit Auswirkung für das Vermögen des Gemeinschuldners festgestellt werden. Dies gilt auch für Besteuerungsgrundlagen, die einheitlich und gesondert festgestellt werden. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird auch ein Vollstreckungsverfahren unterbrochen.
Für die Frage, wie Steuerforderungen im Insolvenzverfahren durchzusetzen sind, ist zwischen Insolvenzforderungen und Masseansprüchen zu unterscheiden.
Insolvenzforderungen sind alle die Insolvenzmasse betreffenden Vermögensansprüche gegen den Schuldner, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet waren. Hinsichtlich der Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch zur Insolvenzmasse gehört, kommt es darauf an, ob er vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Weise begründet worden ist, dass der zugrunde liegende zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung der Steueransprüche führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Über die Frage, ob nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Einkommensteuerforderungen aus Gewinnanteilen an einer Mitunternehmerschaft als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren oder dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zuzuordnen sind, ist nicht im Gewinnfeststellungsverfahren, sondern im Einkommensteuerverfahren zu entscheiden. Ein Einkommensteuer-Erstattungsanspruch, der sich aus Vorauszahlungen ergibt, die wiederum auf einer selbstständigen Tätigkeit beruhen, die gem. § 35 Abs. 2 InsO aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben wurde, ist nicht der Insolvenzmasse geschuldet.
Wird eine zur Tabelle angemeldete Forderung durch den Insolvenzverwalter oder einen Gläubiger bestritten, erlässt die Finanzbehörde einen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO, mit dem der angemeldete Betrag festgestellt wird. Der Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO darf auch enthalten, dass der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist.
Der Feststellungsbescheid kann im Einspruchswege angefochten werden. Werden dagegen die angemeldeten Forderungen im Prüfungstermin weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger bestritten oder wird ein erhobener Widerspruch beseitigt, gelten sowohl die titulierten als auch die nicht titulierten Forderungen als festgestellt. Die Eintragung in die Tabelle ersetzt im Insolvenzverfahren den Steuerbescheid und wirkt u. a. gegenüber allen Insolvenzgläubigern gemäß § 178 Abs. 3 InsO für die festgestellte Forderung wie ein rechtskräftiges Urteil. Hier ist eine nachträgliche Änderung nur noch nach den Änderungsregularien der §§ 130, 131 AO möglich. Ein Tabelleneintrag im Insolvenzverfahren kann gemäß § 178 Abs. 3 InsO auch im Haftungsverfahren Bindungswirkung entfalten.
Sofern es sich jedoch um eine Steuerforderung handelt, die bereits vor Insolvenzeröffnung mit dem Einspruch angefochten war, ist das durch die Insolvenzeröffnung unterbrochene Einspruchsverfahren weiter zu betreiben, der Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO kommt insoweit nicht mehr in Betracht. Der Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO ist ausgeschlossen, wenn das Finanzamt seine Forderung gegenüber dem Schuldner bereits mit einem Haftungsbescheid geltend gemacht hat.
Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, ist der Geschäftsführer der GmbH im Verfahren wegen Haftung gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat.
Steueransprüche, die aus der Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse herrühren, die auf Grundstücken lasten oder die zur Insolvenzmasse gehören, sowie Steuern, die mit einem zur Masse gehörenden Betrieb verbu...