Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Aufwendungen zur Finanzierung von Ausbauten und Erweiterungen sind als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG nur abziehbar, wenn der Steuerpflichtige eine eigene Wohnung ausbaut oder erweitert. Wird dem Steuerpflichtigen das Eigentum an der Wohnung nach Beginn, aber vor Fertigstellung des Ausbaus oder der Erweiterung übertragen, sind auch die vor Eigentumsübergang angefallenen Finanzierungskosten für den Ausbau oder die Erweiterung als Vorkosten zu berücksichtigen.
Schuldzinsen für Kredite zur Auffüllung von Bausparverträgen sind grundsätzlich als Vorkosten nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbar, wenn mit den künftigen Bauspardarlehen Ausbauten/Erweiterungen i.S.d. § 10e Abs. 2 EStG finanziert oder Darlehen zur Finanzierung der Ausbauten/Erweiterungen abgelöst werden sollen. Jedoch sind die Guthabenzinsen aus den aufgefüllten Bausparverträgen mit den Schuldzinsen zu verrechnen.
Normenkette
§ 10e Abs. 6 EStG
Sachverhalt
Der Kläger nahm für den Ausbau des den Eltern seiner Ehefrau gehörenden und von ihnen mitbewohnten Wohnhauses zwei Darlehen zur Auffüllung von Bausparverträgen sowie ein weiteres Darlehen zur Baukostenfinanzierung auf. Vor Fertigstellung der im Jahr 1989 begonnenen Bauarbeiten übertrugen die Eltern das Grundstück im Wege vorweggenommener Erbfolge auf den Kläger und seine Ehefrau je zur Hälfte. Die Ehefrau übertrug sodann ihren Anteil im Juni 1995 auf den Kläger und zog aus der ehelichen Wohnung aus. Nach Fertigstellung des Anbaus wurde dieser vom Kläger und seiner Tochter bezogen. FA und FG lehnten die einkommensteuerliche Berücksichtigung der Schuldzinsen aus den Darlehensverträgen als Vorkosten i.S.d. § 10e Abs. 6 EStG ab.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH haben FA und FG zu Unrecht die Berücksichtigung der Finanzierungskosten als Vorkosten insgesamt abgelehnt. Die Zinsen für Kredite für die Auffüllung von Bausparverträgen zur Finanzierung der Ausbauten und Erweiterungen seien als Vorkosten abziehbar, müssten allerdings mit den Guthabenzinsen aus den Bausparverträgen saldiert werden, weil diese im Fall einer Vermietung und Verpachtung aufgrund ihres Zusammenhangs mit den daraus erzielten Einkünften ebenfalls als Einkünfte angesetzt werden müssten. Ein ungekürzter Schuldzinsenabzug verbiete sich auch deshalb, weil § 10e Abs. 6 EStG seinem Gesetzeszweck nach nur durch eigene Aufwendungen belastete Steuerpflichtige fördern wolle.
Maßgeblich für den Abzug der Finanzierungskosten als Vorkosten sei, dass sie für eine Maßnahme i.S.d. § 10e EStG aufgewendet worden seien. Entgegen dem BMF-Schreiben vom 31.12.1994, BStBl I 1994, 887, Rz. 91 Satz 10 sei die Abziehbarkeit nicht auf solche Finanzierungskosten beschränkt, die ab dem Zeitpunkt entstünden, zu dem die Maßnahmen zum Eigentumserwerb eingeleitet worden seien. Ein Eigentumserwerb im Jahr der Fertigstellung vermittele einen hinreichenden Zusammenhang mit den in den 6 vorangegangenen (Ausbau) Jahren entstandenen Finanzierungskosten.
Hinweis
Als Vorkosten i.S.d. § 10e Abs. 6 EStG anlässlich des Ausbaus oder der Erweiterung an einer eigenen Wohnung sind Schuldzinsen dann steuerlich geltend zu machen, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ausbau oder der Erweiterung stehen. Dies ist der Fall, wenn mit den Kreditmitteln die Herstellungskosten der baulichen Maßnahmen bestritten werden (so zur kreditfinanzierten Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung, BFH, Urteil vom 1.4.1998, X R 125/94, BFH/NV 1998, 1347). Danach sind auch Zinsen für Kredite zur Auffüllung von Bausparverträgen, die der Finanzierung von Herstellung oder Anschaffung baulicher Objekte i.S.d. § 10e EStG dienen, als Vorkosten abziehbar.
Streitig ist, ob die in diesem Zusammenhang aus den Bausparverträgen entstehenden Guthabenzinsen mit den Schuldzinsen zu verrechnen sind (so BMF-Schreiben vom 28.2.1990, BStBl I 1990, 124, und hM im Schrifttum; aA Meyer in H/H/R § 10e EStG Anm. 700 "Bausparverträge").
Nach dem BMF-Schreiben vom 31.12.1994, BStBl I 1994, 887, Rz. 91, Satz 10 sind Finanzierungskosten erst ab dem Zeitpunkt abziehbar, zu dem Maßnahmen eingeleitet worden sind, die zum Eigentumserwerb geführt haben. Damit werden indessen die Anforderungen an den erforderlichen Zusammenhang zwischen Vorkosten und der Förderungsmaßnahme überdehnt, da der unmittelbare Zusammenhang lediglich erfordert, dass die Finanzierungskosten für eine nach § 10e EStG begünstigte Maßnahme aufgewendet worden sind (so jetzt auch die hier besprochene BFH-Entscheidung).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.5.2001, X R 149/97